Schlusspunkt von Józef Niewiadomski
Zeichen der Gegenwart

Es sollte das schönste Gebäude der Welt werden. Erbaut zu Ehren des einzigen Gottes. König Salomo dachte lange nach, wie er das Werk angehen soll und kam schließlich auf die schöne Idee, dass alle Stände seines Staates eine Mauer errichten sollen. Der Tempel sollte ja auch ein Zeichen der Einheit des Landes werden. Landbesitzer, Handwerker, Kaufleute und die mittellosen Armen haben den Auftrag zum Bau bekommen. Die Wohlhabenden entledigten sich schnell ihres Auftrags. Sie bezahlten die Arbeiter, die an ihrer Stelle die Mauer errichteten. Die Mittellosen machten sich selber ans Werk. Im Schweiße ihres Angesichts schufteten sie monatelang an der Mauer. Etliche Menschen kamen dabei auch ums Leben. Dann stand sie da: die Westmauer des Tempels in Jerusalem. Vielfach abgewaschen nicht nur vom Regen, sondern auch von Schweiß, Tränen und Blut der Armen. Ergriffen von Mitleid schaute Gott mit Wohlgefallen auf diesen Teil des Bauwerkes. In seiner Schechina – der unsichtbaren Gestalt – ließ er sich dort auch nieder. Kein Wunder, dass bei der Zerstörung des Tempels die Westmauer nicht niedergerissen wurde. Bis heute bleibt sie bestehen: Als Klagemauer. Ein ergreifendes Zeichen der Gegenwart Gottes in unserer zerrissenen und leiderfüllten Welt.

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TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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