Schlusspunkt von Józef Niewiadomski
Das Lächeln des Herrgott

Immer wieder muss es hinunter zur Erde: das Lächeln des lieben Herrgotts. Als Mensch unter Menschen soll es sich sorglos herumtreiben. Als das Lächeln gestern auf einer Promenade spazierte, erstarrte es. Die wenigen Menschen, die dort unterwegs waren, hielten Abstand zueinander und schauten verbissen zu Boden. Der Gesandte des lieben Herrgotts benahm sich korrekt. Hielt den Abstand, lächelte aber die entgegenkommenden Menschen an. Und sie lächelten zurück. An der Kasse eines Supermarktes fiel ihm das müde Gesicht der Kassiererin auf. Durch die Plastikwand abgeschirmt, Gesichtsmaske vor dem Mund, schob sie die Waren über den Scanner. Wurde vom menschgewordenen Lächeln des lieben Herrgotts angelacht. Dankbar strahlten die Augen der gestressten Frau zurück. Gleiches geschah auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Dann stand das Lächeln direkt vor dem Bundeskanzler. Obwohl jung, wies sein Gesicht Verkrampfungsspuren auf. Umgeben von allgegenwärtigen angriffslustigen Augen konnte er sich keine Blöße leisten. Dann sah er das Lächeln des lieben Herrgotts auf einem der Gesichter. Seine Augen begannen zu strahlen. Beim Tagesanbruch sah das Lächeln die Arbeiter der Müllabfuhr. Und musste staunen. Die Männer waren es, die es anlachten! In der Zeit von Corona hat das Wunder viele Gesichter!

Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

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