Die Orgel im Schwazer Franzikanerkloster ist 400 Jahre alt.
Königin der Instrumente im neuen Kleid

Erscheinungsbild und Klangfarbe der Aigner-Orgel im Schwazer 
Franziskanerkloster sind wieder stimmig und harmonisch.
Guardian P. Jakob Wegscheider zeigt freudig ein Detail der
rekonstruierten Fassung.  | Foto: Kaltenhauser
  • Erscheinungsbild und Klangfarbe der Aigner-Orgel im Schwazer
    Franziskanerkloster sind wieder stimmig und harmonisch.
    Guardian P. Jakob Wegscheider zeigt freudig ein Detail der
    rekonstruierten Fassung.
  • Foto: Kaltenhauser
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Die Orgel im Schwazer Franziskanerkloster ist über 400 Jahre alt und wurde einst auf dem Inn von Passau nach Schwaz gebracht. P. Jakob, Guardian und Restaurator, hat dem Tiroler Sonntag von der faszinierenden Geschichte der kürzlich renovierten Orgel erzählt.

Halb elf am Abend hat es schon werden können, wenn Guardian P. Jakob Wegscheider, gelernter Kirchenrestaurator und Kirchenmaler, an der Orgel der Schwazer Franziskanerkirche gearbeitet hat. Als Meister seines Faches war er jahrelang in diesem Beruf tätig, bis er 1993 ins Kloster eingetreten ist. Seine Ausbildung ist ihm noch immer sehr von Nutzen, er hat auch eine eigene kleine Werkstatt im Kloster eingerichtet.

Blick in die Geschichte. Als die Schwazer Franziskanerkirche 1515 geweiht wurde, enthielt sie keine Orgel. Erst 1612 schloss der damalige Provinzial der Tiroler Franziskanerprovinz einen Vertrag mit dem Orgelbauer Andreas Butz über den Bau einer Orgel mit zehn Registern. Butz war damals einer der bekanntesten Orgelbauer im süddeutschen Raum. Die Schwazer Orgel war sein erstes bekanntes Werk, ihr folgten noch zahlreiche weitere, darunter Orgeln für die Franziskanerkirche Bozen, die Stadtpfarrkirche Lienz und die Stiftskirche Innichen.

Wertvolle Fracht. Die fertige Orgel wurde im August 1613 auf dem Inn von Passau nach Schwaz geliefert. Interessantes Detail: Für die wertvolle Fracht wurde keine Maut verlangt, da die Franziskaner davon ausgenommen waren. Die Kirche hatte damals noch keine Empore, die Orgel wurde also auf dem Lettner der Kirche aufgebaut. Erst bei der Barockisierung der Kirche 1735 erhielt die Orgel ihren Platz auf der neu entstandenen Westempore. Unter den zahlreichen Renovierungen war jene durch den in Schwaz ansässigen Orgelbaumeister Josef Aigner im Jahr 1843 die bedeutendste und weitreichendste, so dass die Orgel heute zurecht als Aigner-Werk gilt. Charakteristisch für die Orgel ist ein Potpourri an Pfeifen aus unterschiedlichen Epochen.

In die Jahre gekommen. Zahlreiche Änderungen im 20. Jahrhundert waren nicht immer zum Besten der Orgel und entfernten sie immer weiter vom ursprünglichen Zustand und Charakter. Dass es Zeit für eine weitere Renovierung sei, war schon lange im Raum gestanden. Die Schleiflade war undicht, dadurch waren manche Pfeifen ohne Luft und nicht mehr bespielbar. Hinzu kamen Wurm- und Schimmelbefall, Staub- und Schmutz-ablagerungen sowie Korrosion. „Es war einfach an der Zeit, etwas zu tun“, so P. Jakob. Als Guardian überwachte er den Finanzplan, als Restaurator krempelte er die Ärmel hoch. Gemeinsam mit Restaurator Michael Schretthauser hat er die Fassung (Marmorierung) der Orgel erneuert: Sorgsam wurden mittels Skalpell kleine „Befundfenster“ freigelegt, um die originale klassizistische Fassung der Orgel rekonstruieren zu können. Detektiv- und Sisyphosarbeit zugleich. P. Jakob strahlt, wenn er davon erzählt und zeigt voll Freude die wunderschön wiederhergestellte Fassung. Das Instrument selbst besteht aus 24 Registern samt Pedal und einer Besonderheit: dem eingebauten Harmonium.

Begeisternde Klänge.
Die Orgelbaufirma Erler aus Schlitters begann im April mit den Arbeiten, also mitten im ersten Corona-Lockdown. „Für die Orgel war das natürlich ein Glücksfall“, so der Guardian schmunzelnd. Die Kirche war frei, auch er selbst hatte mehr Zeit für die Arbeit daran. Die Intonation übernahm Reinhard Schäbitz aus Dresden, der auch die Aigner-Orgeln in Brixen und Enneberg intoniert hatte. Ende September war es dann soweit: P. Urban Stillhard, Benediktiner von Bozen-Gries und Vorsitzender der Südtiroler Orgelkommission, nahm die Kollaudierung (Abnahme) der Orgel vor. „Er war sehr beeindruckt von der neuen Klangfarbe, die er so noch nie gehört hat“, so P. Jakob stolz. Die Orgel ertönt nun wieder in ihrer ursprünglichen romantisch-klassizistischen Klangfarbe.

Bereit zum Bespielen.
„Leider haben wir keinen Organisten im Konvent“, bedauert P. Jakob, der selbst Klarinette spielt. Ein Mitbruder spielt Gitarre, einer singt im Chor. Konvent und Gemeinde sind dankbar für die zwei fixen Organisten, die die Orgel sonntags zum Klingen bringen. „Wir freuen uns aber immer über Anfragen“, so P. Jakob augenzwinkernd.

Autor:

Lydia Kaltenhauser aus Tirol | TIROLER Sonntag

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