In Schnee und Eis wächst Neues
Schneeglöckchen mit Aussicht

Schneeglöckchen: „Jedes Jahr ein kleines Wunder – in Schnee und Eis wächst Neues.“ | Foto: pixabay
2Bilder
  • Schneeglöckchen: „Jedes Jahr ein kleines Wunder – in Schnee und Eis wächst Neues.“
  • Foto: pixabay
  • hochgeladen von TIROLER Sonntag Redaktion

Wenn der Garten unter einer weißen Schneedecke liegt und das Thermometer frostige Minusgrade zeigt, halte ich Ausschau nach den ersten Frühlingsboten. Ich erwarte sie sehnsüchtig, denn die Tage sind kurz und die Nächte lang. Zaghaft wird die Sonne kräftiger. Und dann ist es endlich soweit: Unter der alten Buchenhecke sprießen die ersten grünen Spitzen der Schneeglöckchen aus dem Boden. Bald werden auch die zarten weißen Blütenköpfchen sichtbar – noch in Miniaturformat, aber sie sind da.

Es ist jedes Jahr wieder ein kleines Wunder – in Schnee und Eis wächst etwas Neues. Die Schneeglöckchen lassen sich auch nicht unterkriegen: Wenn heftige Schneefälle die Blüten einhüllen oder gar unter sich begraben, tauchen sie wieder auf, sobald der Schnee schmilzt. Manchmal liegen sie flach und niedergedrückt am Boden, aber sie richten sich rasch auf. Auch intensiver Frost kann ihnen nichts anhaben. Sie blühen trotzdem.

Starke symbolische Kraft. Gerade am Jahresanfang hat das Schneeglöckchen für mich eine starke symbolische Kraft: Es steht für einen mutigen Neuanfang, für Hoffnung und Widerstand, für Lebenskraft und Ausdauer. Und auch für erfrischende Neugier, Aufbruch, Leichtigkeit, Freude und Schönheit. Der Prophet Jesaja kommt mir in den Sinn, die Stelle, in der Gott sagt: „Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?“ (Jes 43,19) Früher habe ich sie oft übersehen, die ersten Frühlingsboten in unserem Garten. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, schon im Schneegestöber nachzuschauen, ob da vielleicht etwas wächst – geschweige denn blüht.

Aufmerksamkeit genügt. Und so ist es vielleicht auch in winterlichen Zeiten im Leben, die sich nach Stillstand, Kälte und Unsicherheit anfühlen: Das Neue ist schon da, es wächst bereits. Auch wenn es noch unter einer dicken Schneedecke verborgen liegt. Das Vertrauen darauf, dass es sich zeigen wird, hilft mir in solchen Zeiten des Übergangs. Es verkürzt sie zwar nicht und nimmt ihnen nichts von ihrer Schwere. Aber es stärkt und gibt Kraft, die Wartezeit zu überbrücken. Zugleich schärft es die Aufmerksamkeit und macht wach:

Was will jetzt wachsen?
Was gilt es zu entdecken?
Wofür ist die Zeit reif in meinem Leben?
Was will zum Blühen kommen?

Beim Propheten Jesaja ist klar: Das Neue kommt von Gott. Ich muss es nicht machen. Die Aufmerksamkeit genügt, es nicht zu übersehen, wenn es zum Vorschein kommt.

Teil 1 von 3 der Serie "Kopfsalat mit Herz" von Elisabeth Rathgeb (Theologin, stellvertretende Caritas-Direktorin der Diözese Innsbruck, Hobbygärtnerin) 

Buch zur Serie: 
Elisabeth Rathgeb: Kopfsalat mit Herz. Eine spirituelle Entdeckungsreise durch den Garten. Tyrolia 2021, 112 Seiten, € 15,95.

Schneeglöckchen: „Jedes Jahr ein kleines Wunder – in Schnee und Eis wächst Neues.“ | Foto: pixabay
Foto: Tyrolia Verlag
Autor:

TIROLER Sonntag Redaktion aus Tirol | TIROLER Sonntag

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ