34. Sonntag im Jahreskreis | 22. November 2020
Kommentar

Der Geringste ist König
Eine Geschichte erzählt von einem alten Einsiedler, der hoch oben im Gebirge lebt. Eines Tages sucht ihn der Abt eines berühmten Klosters auf und klagt ihm die leidvolle Geschichte vom Niedergang seiner Abtei. Nur wenige Mönche seien noch da, die schweren Herzens ihren Aufgaben nachgingen, und Novizen seien schon lange keine mehr eingetreten. Schuld daran, so sagt ihm der Einsiedler, sei die Sünde der Ahnungslosigkeit: „Einer von euch ist der Messias. Verkleidet lebt er unter euch, und ihr merkt es nicht.“
Der König, von dem Jesus erzählt, nennt die Geringsten. Wie wir ihnen begegnen, den Hungernden, Kranken und Notleidenden, den Obdachlosen, den Fremden und den Flüchtlingen, daran entscheidet sich unser Schicksal, unser persönliches ebenso wie das Schicksal unserer Welt. Denn ihn ihnen begegnet uns Jesus. Sind wir genauso ahnungslos wie die Mönche in jenem Kloster?
Das Reich Gottes kann dort wachsen, wo Menschen nicht ahnungslos oder ignorant sind, wo sie nicht kurzsichtig, egoistisch und rücksichtslos handeln, sondern jedem Menschen mit solchem Respekt begegnen, als wäre er ein König. Jesus identifiziert sich mit den Geringsten auf dieser Welt, mit denen, die wie der letzte Dreck behandelt werden. Wollen wir Jesus nahe sein, müssen wir ihn in diesen Menschen suchen. Andernfalls wird er uns verborgen bleiben.
Wie die Geschichte ausgegangen ist? In jenem Kloster haben bald Menschlichkeit und ansteckende Fröhlichkeit um sich gegriffen, weil jeder liebevoll um den anderen bemüht war. Das Kloster blühte wieder auf.

Alfred Jokesch

Texte zum Sonntag

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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