Zur Geschichte des SONNTAGSBLATT
Vom Wahrheitsfreund zum SONNTAGSBLATT

Der „Katholischer Wahrheitsfreund“ war eine Eigeninitiative eines südsteirischen Pfarrers.
  • Der „Katholischer Wahrheitsfreund“ war eine Eigeninitiative eines südsteirischen Pfarrers.
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Fast 100 Jahre früher, als das „Sonntagsblatt“ am 16. September 1945 zum ersten Mal gedruckt wurde, entstand mit dem „Katholischen Wahrheitsfreund“ die älteste katholische Zeitung Steiermarks. Diese erschien erstmalig am 3. Oktober 1848 im Zuge der damals gewährten Pressefreiheit. Ein halbes Jahr zuvor war die „Wiener Kirchenzeitung für Glauben, Wissen, Freiheit und Gesetz in der katholischen Kirche“ von Sebastian Brunner (1814–93) ins Leben gerufen worden..

MICHAELA SOHN-KRONTHALER

Wahrheitsfreund
Erster Herausgeber und Redakteur des „Katholischen Wahrheitsfreundes“ war der Pfarrer von Wolfsberg im Schwarzautale, Anton Semlitsch (1807–85), der diese Zeitung aus Eigeninitiative gegründet hatte. Das Blatt verfolgte anfangs eine apologetische Tendenz, vor allem im Hinblick auf die damalige Deutschkatholische Bewegung, die auch in Graz kurzfristig Fuß gefasst hatte und antirömisch agierte.
Mitte 1850 übernahm der wenige Woche zuvor gegründete Paulusverein den „Katholischen Wahrheitsfreund“ als Vereinsblatt und wurde zu dessen Eigentümer und Herausgeber. Mit zunächst vier, ab 1852 acht Seiten kam er in den Anfangsjahren drei Mal, bald nur noch einmal in der Woche, heraus. Zu seinen bekannten Redakteuren zählten Domdechant Alois Hebenstreit (1826–1899) sowie Domkaplan Franz Puchas (1874–1967), der 1906 auch als Direktor für die Anstalten des Katholischen Preßvereines verantwortlich wurde. Mit den Erträgen aus der Zeitung wurde das Knabenwaisenhaus Paulinum unterstützt.
Die Wochenzeitung hatte belehrenden und unterhaltenden Charakter, wollte das religiöse Wissen und das kirchliche Leben fördern. Ebenso veröffentlichte sie kirchliche Anordnungen und Nachrichten. Anfang des 20. Jahrhunderts war das Blatt zum Preis von 4 Kronen erhältlich und wies etwa 500 Abonnenten auf. Es wurde zunächst bei Kienreich, dann bei der Styria gedruckt. Nach dem Ersten Weltkrieg musste der Paulusverein den Katholischen Wahrheitsfreund aufgrund der rasant gestiegenen Herstellungskosten infolge der Inflation am 1. Jänner 1922 einstellen. Mit Mai 1923 übernahm der Katholische Volksbund die Zeitung, deren Titel nun in „Der katholische Wahrheitsfreund. Das Volk“ umbenannt wurde, 1925 schließlich in „Der Wahrheitsfreund“. Sie wurde nun als „Monatsschrift des Katholischen Volksbundes, der Katholikenorganisation Steiermarks“ herausgegeben. Wie stark in jener Zeit die Inflation spürbar war, zeigt der stark schwankende Preis der Zeitschrift. 1922 zahlte man für ein Jahresabonnement 10 Kronen, 1925 für ein halbes Jahr 6000 Kronen. Nach der Währungsreform kostete dieses für ein halbes Jahr 50 Groschen. Als Schriftleiter fungierte der Benediktiner Theodor Proksch. Mit Juli 1929 übernahm die Katholische Aktion den „Wahrheitsfreund“ als Organ, ehe dieser am 1. Juni 1932 eingestellt wurde. In diesem Zeitraum umfasste die Zeitschrift fast durchgehend 12 Seiten.

Steirisches 2-Groschen-Blatt
Aufgrund eines Beschlusses der Dechantenkonferenz sollte der „Wahrheitsfreund“ als „Steirisches 2-Groschen-Blatt“ wiederaufleben. Dieses erschien erstmals mit 3. Juli 1932 als vierseitiges Wochenblatt. Das Attribut „steirisch“ weist auf die steirische Eigengründung hin, da es ein gleichnamiges „Zweigroschenblatt“ mit dem Untertitel „Wochenflugschrift für Recht und Wahrheit“, herausgegeben vom Feldkircher Caritasdirektor Josef Gorbach (1889–1977), gab, das in Österreich verbreitet war.
Eigentümer, Verleger und Herausgeber der steirischen Ausgabe war der „Volksbund der Katholiken in Steiermark“, der seinen Sitz bis Februar 1936 in der Schönaugasse 64, sodann am Glockenspielplatz 7 hatte. Hergestellt wurde es in der damaligen Universitätsbuchdruckerei Styria in der Schönaugasse 64 (wo sich heute der Redaktionssitz der Kleinen Zeitung befindet).
Fürstbischof Ferdinand Stanislaus Pawlikowski (1927–1954) wünschte „dem alten Blatte im neuen Gewand reichen Erfolg und Gottes Segen und Verbreitung in jede Familie, die katholisch und steirisch fühlt“. Es war, wie der Name sagte, zum Preis von zwei Groschen erhältlich, kostete also etwa 1 Schilling im Jahr. Die Abonnentenzahl wuchs rasch, 1938 waren es 44.000 Abonnenten. Das Blatt verstand sich als unparteiisch, vertrat die Interessen der Katholiken, hatte unter anderem als Rubriken einen „Herrgottswinkel“ zur „Pflege der Innerlichkeit“ und eine Plauderecke für allerlei „Unterhaltendes“, in den ersten Jahren auch eine „Zur Lehr und Wehr“. Zudem brachte es knappe Nachrichten über das kirchliche Leben.
Als Schriftleiter fungierte der seit 1930 in Teufenbach wirkende Pfarrer und bekannte Volksschriftsteller Viktor Lipusch (1889–1962). Dieser stammte aus Knittelfeld, war auch schriftstellerisch tätig, verfasste volkspädagogische und religiöse Werke und Gedichte.

Nationalsozialistische Willkür
Mit dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland schalteten die Nationalsozialisten die katholische Presse gleich. Auch das „Steirische 2-Groschen-Blatt“ wurde von den Nationalsozialisten zensuriert und politisch willkürlich missbraucht. Darin fanden sich nun auch nationalsozialistische Propaganda, Zitate aus Hitlers „Mein Kampf“ und für den „Anschluss“ Österreichs werbende Beiträge.
Schriftleiter Lipusch beklagte sich in einem Brief vom 26. April 1938 an den Bischof, dass „man mir durch das kulturpolitische Referat der ‚Styria‘ die Schriftleitung des 2-Groschen-Blattes schon durch mehrere Nummern derart [beschneidet], dass ich es selbst schon nicht mehr kenne. Selbst die unverfänglichsten religiösen Artikel schaltet man einfach aus und ersetzt sie durch andere Sachen mit politischem Einschlag. […] Und das alles geschieht unter Missbrauch meines Namens als Verantwortlicher, als der ich im Impressum ständig weitergeführt werde. Meine Artikel werden kassiert, und ich soll mit meinem Namen jenen Ersatz decken, den ich gar nicht zu Gesicht bekomme. Kein Wunder, dass sich zahllose Leser und Mitbrüder über mich ärgern und, weil sie von den Vorgängen nichts wissen, der Meinung sind, ich sei eine liebedienerische Wetterfahne und der Fabrikant dieses ‚Mischmasches‘ im Blatt […]“.
Als Schriftleiter erhielt er nun Schmähbriefe, es kam zu vielen Abbestellungen. Lipusch protestierte mündlich und schriftlich gegen die „Unaufrichtigkeit einer solchen Blattführung, die mich bei den Lesern um jeden Kredit brachte“, und kritisierte, dass er mit seinem Namen „Artikel decken [musste], die ein Faustschlag waren auf meine Überzeugung und auf den katholischen und kirchlichen Standpunkt überhaupt“ (Brief vom 20. September 1938 an Bischof Pawlikowski). Lipusch schlug vor, das Blatt völlig aufzulassen und ein neues mit dem Titel „Katholisches Kirchenblatt der Diözese Seckau“ zu gründen.
Seit Juli 1938 durfte er die Schriftleitung nicht mehr weiterführen (die letzte Nummer unter seinem Namen erschien am 10. Juli 1938), was Lipusch innerlich nur schwer verwand. Wegen seiner Predigt über „Falsche Propheten“ wurde er bei der Gestapo 1939 vorgeladen, im März 1940 belegten ihn die Nationalsozialisten mit einem Schulverbot, da er Lichtbildervorträge für Schüler im Rahmen der Erstkommunionvorbereitung gehalten hatte.

Steirisches Zwei-Pfennig-Blatt
Als Nachfolger in der Schriftleitung wurde Josef Pfandl (1909–98), damals Seelsorger an der Grazer Stadtpfarrkirche, mit der Ausgabe vom 17. Juli 1938 eingesetzt. Obwohl Pfandl Ende Juli 1940 zur Luftwaffe eingezogen wurde, erschien sein Name im Impressum mit dem Vermerk „derzeit bei der Wehrmacht“ weiter (ab der Nummer vom 25. August 1940). Als dessen stellvertretender Schriftleiter wurde Anton Fastl (1909–83) beauftragt, der als Domvikar und im Seelsorgeamt des Bischöflichen Ordinariates tätig sowie für die Mädchenseelsorge zuständig war.
Ab 4. September 1938 wurde die Zeitung nach der Einführung der Reichsmark in „Steirisches Zwei-Pfennig-Blatt“ mit dem Untertitel „Katholisches Sonntagsblatt“ umbenannt. Eigentümer, Herausgeber und Verleger war nun das Fürstbischöfliche Seckauer Ordinariat in Graz, da das kirchliche Vereins- und Verbandswesen von den Nationalsozialisten liquidiert worden war.
Die Nationalsozialisten schränkten nach und nach die Wirksamkeit der Kirchenzeitung ein. Bis 10. September 1939 konnte es noch wöchentlich erscheinen, ab der Folgenummer 38 (24. September 1939) nur mehr 14-tägig. Im 9. Jahrgang seines Bestehens, im Jahr 1940, kam nur mehr die Hälfte der Nummern (insgesamt 26) heraus, 1941 erschienen nur mehr 7 Nummern. Zu Ostern 1941 wurde es mit der Ausgabe des 6. April ohne Ankündigung und unter dem Vorwand des Papiermangels von den Nazis eingestellt – wie die kirchlichen Presseerzeugnisse überhaupt.

Beilage 75 Jahre Sonntagsblatt

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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