Lebensspuren - Fastenserie 2018 | Teil 07
Wüste – die neue Schöpfung

Blühende Wüste im Süden Israels. | Foto: KIZ/Fellinger
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In der Wüste wohnt der Tod. Hier gehört ihm schon fast alles, und hier hat er sein Heimspiel im Kampf gegen das Leben.

Von seinem Basislager der Wüste aus schickt der Tod seine Vorboten in die Oasen und die fruchtbaren Landstriche: Hitzewellen und Sandstürme in der Luft, während Wanderdünen als Bodentruppen Land gewinnen, indem sie es mit Sand überhäufen. Unaufhaltsam marschiert der Tod weiter und drängt etwa in der Sahelzone den grünen Gürtel des Lebens immer weiter zurück.

Was bleibt, sind die stummen Zeugen seiner vernichtenden Übermacht. Vielleicht haben wir solche Bilder vor Augen: verdorrte Bäume, versteinerte Tiere und Pflanzen, Gerippe und Gräber. In der Wüste begegnet uns diese tödliche Wahrheit augenfällig und ungeschminkt: Wir sind vergänglich; wir schreiten und schlittern unaufhaltsam unserem Tod entgegen.

Die letzte Wahrheit des Lebens

Im Alltag unserer modernen Gesellschaft wird der Tod versteckt, als ob man ihm dadurch entrinnen könnte. Das Altwerden mit seiner Gebrechlichkeit wird aus der Mitte der Gesellschaft verbannt. Dort leuchten immer junge, dynamische und sportliche Schönheiten von den Werbeplakaten. Krankheit, Verfall der Kräfte, Vergesslichkeit und alle anderen Vorboten des Sterbens werden den Blicken entzogen und in Altersheime und Kliniken ausgelagert. Die anonyme Beerdigung boomt. Und wo man noch eine Leiche sehen will, so soll diese doch bitte geschminkt sein.

Die Bibel dagegen spricht ungeschönt von dieser letzten Wahrheit des Lebens: dass wir vergänglich sind und dem Tod nicht entrinnen können. Zugleich überrascht sie mit einer unerwarteten Hoffnung: dass die Schöpferkraft Gottes die tote Wüste wieder zum Blühen bringen kann. Dieses Bild wird vor allem beim Propheten Jesaja ausgemalt: „Wenn der Geist aus der Höhe über uns ausgegossen wird, dann wird die Wüste zum Garten, und der Garten wird zum Wald. In der Wüste wohnt das Recht, die Gerechtigkeit weilt in dem Garten“ (Jes 32,15 f.).


Heimkehr ins Gelobte Land

Dem Volk Israel, das in der Wüste des Exils schmachtet, wird die Heimkehr ins Gelobte Land versprochen. Die Todeslandschaft verwandelt sich in einen fruchtbaren Garten; die Wüste beginnt zu blühen. Jesaja verkündet die Auferstehung des Volkes Israel, das aus der bedrückenden Entfremdung in Babylon befreit wird und sich in der alten Heimat neu verwurzeln kann.

Von einem Weg durch die Wüste predigt auch Johannes der Täufer. Er stellt seinen Zuhörern das Bild einer von Bergen und Schluchten verstellten Landschaft vor Augen, durch die ein Weg gebahnt wird. Durch die todbringende und ausweglose Wüste führt ein neuer Weg, auf dem Gott selbst zu den Menschen kommt.

Die Wüste wird zum Garten

Die Jüngerinnen und Jünger Jesu haben vor allem die innere Wüste erleiden müssen. Denn ihre Hoffnung, dass mit Jesus von Nazaret Gottes neue Welt anbrechen wird, zerbrach in der Schwärze des Karfreitags: Jesus wurde zum Tod verurteilt, hingerichtet und begraben. Damit war ihre Lebenshoffnung ausgelöscht. Sie verkrochen sich aus Angst oder vor Scham. Sie waren der inneren Wüste der Einsamkeit und der Verzweiflung ausgeliefert.

Doch Gottes Schöpferkraft verwandelt diese Wüste über Nacht in einen blühenden Garten: Als die Jüngerinnen Jesu am frühen Morgen zum Grab schleichen, um den Leichnam Jesu einzubalsamieren, geht ihnen ein Licht auf. Im Schein der ersten Sonnenstrahlen erscheinen ihnen Engel, zeigt sich der Auferstandene selbst. Die Wüste des Todes ist überwunden, und das Leben blüht neu auf, unerwartet, unverhofft, unzerstörbar.

Gott lässt nicht allein

Diese Erfahrung steht am Grunde unseres christlichen Lebens. Durch das Wasser der Taufe wird die Wüste des Todes überwunden. Gottes schöpferischer Geist, der diese Welt von Anfang an belebt hat, lässt auch uns neu aufatmen. Gott schenkt uns ein neues Leben, über das der Tod keine Macht mehr hat.

Darauf baut die christliche Hoffnung: dass in allen Wüsten des Alltags, der Krankheit, des Zerbrechens und der Einsamkeit Gott uns nicht allein lässt. Einst hat er sein Volk durch die weglose Wüste geleitet. Heute begleitet er uns durch die Ödnis von Traurigkeit und Leere, die er selbst in Jesus Christus durchlitten hat. Und weil sein Schöpferwort Jesus von Nazaret aus der Steingrotte eines Grabes herausgerufen hat, wird er auch uns aus den Grabhöhlen der Verzweiflung und Trostlosigkeit herausholen. Unsere ausgetrockneten Hoffnungen werden aufgefrischt. Und alles, was uns im Leben kostbar war, findet in Gott Heimat für immer. Wir dürfen glauben, dass unsere Liebe nicht vergeht, sondern über den Tod hinausreicht und im Garten des Paradieses für immer blüht.

Andreas Knapp

Blühende Wüste im Süden Israels. | Foto: KIZ/Fellinger
Foto: Shutterstock
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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