Bausteine des Glaubens | Teil 08
Wider allen Augenschein ...

Himmel. Wird sich der Bruder des „verlorenen Sohnes“ versöhnen lassen und so das (himmlische) Festmahl ermöglichen?  | Foto: Foto (Ausschnitt): Rembrandt/Eremitage
  • Himmel. Wird sich der Bruder des „verlorenen Sohnes“ versöhnen lassen und so das (himmlische) Festmahl ermöglichen?
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Wider allen Augenschein hoffen Christinnen und Christen auf die Auferstehung, auf die Vollendung ihres Lebens in Gott. Vor Augen steht, dass mit dem Tod alles aus ist. Die Hoffnung sagt, dass der Mensch im Tod nicht ins Nichts sinkt, sondern dass wir im Tod Gott endgültig und für immer begegnen.[/p]

Auferweckung des Leibes. Auferweckung des Leibes meint, dass ich als ganzer Mensch, mit meinem ganzen gelebten Leben, mit allen meinen Erfahrungen und Beziehungen, mit meiner unverwechselbaren Lebensgeschichte von Gott gerettet werde. Auch wenn uns das „Wie“ des verklärten Leibes entzogen ist, darf ich hoffen, dass Gott all das, was mich als Person ausmacht, vollenden wird: „Gott liebt mehr als die Moleküle, die sich im Augenblick des Todes im Leib befinden … Alle Tränen hat er gesammelt, und kein Lächeln ist ihm weggehuscht. Auferweckung des Leibes heißt, dass der Mensch bei Gott nicht nur seinen letzten Augenblick wiederfindet, sondern seine Geschichte.“ (Wilhelm Breuning)

Das Jenseits – Gott selbst. Jenseits des Todes gibt es weder Zeit noch Raum. Himmel, Hölle und Fegfeuer werden heute nicht mehr als jenseitige „Örtlichkeiten“ verstanden. Vielmehr wird Gott „selbst … nach diesem Leben unser Ort sein“ (Augustinus): Er selbst – die Liebe Gottes als Angenommene – unser Himmel; Gott selbst als endgültig Abgelehnter – Hölle; Gott als die prüfende Liebe – mein Gericht, als reinigende Liebe – mein Fegfeuer. „Gericht, Fegfeuer, Hölle und Himmel“ sind also Dimensionen meiner „letzten“ Begegnung mit Gott, in denen es um meine endgültige Identität vor Gott und den anderen geht.

Ich richte mich selbst. „Der Richter braucht nichts zu tun, er braucht nur zu sein.“ (Hans-Urs von Balthasar) Im Angesicht der Liebe, die Gott ist, und kraft der Gnade erkenne ich erstmals die volle Wahrheit meines Lebens. Mir wird schlagartig bewusst, wie weit ich in meinem Leben von dieser Liebe entfernt war, und richte mich selbst. Das Offenbarwerden all meiner (Un-)Taten ist schmerzlich, aber die Wahrheit macht mich frei.

Gott selbst ist mein Fegfeuer. „Gericht“ hat also nichts mit einem von außen auferlegten Strafurteil zu tun, sondern mit Auf-Richten, Zu-sich-selbst-Bringen. Ebenso wenig ist „Fegfeuer“ eine jenseitige Folterkammer, sondern es geht um die Glut der göttlichen Liebe, die reinigt, läutert und Versöhnung erwirkt. Die göttliche Glut lässt die Schlacken, die Erstarrungen und Krusten meiner Sünde schmelzen, sie löst die Verkrampfungen meines Egoismus. Fegfeuer ist eine Art „Nachreifung“, in der Gott uns in seiner Liebe ganz und gar durchformen und uns „himmelsfähig“ machen will. Es wird nicht „in alle Ewigkeit der, der ich bin, trauernd den grüßen, der ich hätte werden können“ (Karl Rahner).

Bereinigung und Versöhnung. Gericht und Fegfeuer betreffen nicht nur meine Identität vor Gott. Die Vergebung der Schuld im Gericht zielt auf Vergebung untereinander, auf die Versöhnung zwischen „Opfer“ und „Täter“. Wir dürfen hoffen, dass der Täter im Gericht kraft der vergebenden Liebe Gottes und angesichts seiner Opfer zur vollen Einsicht in seine Schuld und zur wahren Reue kommt. Und wir dürfen hoffen, dass das Opfer so sehr von der Barmherzigkeit und Liebe Gottes erfüllt ist, dass es – aus innerster Freiheit – dem reuigen (!) Täter die Hand reichen kann.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie Gott Gerechtigkeit schafft: Rache, Vergeltung, ewige Spaltung in Himmel und Hölle – oder: Versöhnung auf der Grundlage von Gericht und Wahrheit. Für den Gott Jesu, der die Liebe ist, passt nur die zweite Variante.

Die Macht der freien Gewinnung. Liebe zwingt nicht. Deshalb ist es eine reale Möglichkeit menschlicher Freiheit, Gott endgültig und unwiderruflich abzulehnen. In diesem Fall würde der Mensch sich selbst zur Hölle verdammen und endgültig isolieren. Doch wir dürfen hoffen, dass es der Macht der Liebe Gottes gelingt, alle für sich und seine himmlische Gemeinschaft zu gewinnen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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