Tatorte der Fastenzeit. Fastenserie 2018 | Teil 04
Von Zerstörung und Wiederaufbau

Foto: The Jewish Museum

Der vierte Fastensonntag wird gerne nach seinem Eröffnungsvers „Laetare“ genannt, „Freu dich“. Die Vorfreude auf das herannahende Osterfest soll im Mittelpunkt stehen. Doch Ostern entfaltet seine Bedeutung erst vor dem Hintergrund des Karfreitags. Und auch der vierte Fastensonntag zeigt mit der Ersten Lesung zunächst die negative Folie auf. Es geht um die große Katastrophe der ersten Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch die Babylonier und die anschließende Verschleppung zumindest der Oberschicht des bisherigen Königreiches Juda in die Verbannung, die „babylonische Gefangenschaft“.

Das alttestamentliche zweite Buch der Chronik fasst sehr kurz die Zerstörung und Verbannung zusammen, nennt aber zunächst Ursachen. Die Bewohner und Machthaber in Jerusalem hatten sich nicht an Gott und seinem Willen orientiert. Wer sie prophetisch darauf aufmerksam machte, allen voran der Prophet Jeremija, wurde nicht ernst genommen, verhöhnt, lächerlich gemacht. Man lebte nach der Einstellung: Uns kann nichts passieren! Gott wurde als bloße Rückversicherung verstanden, der doch nicht zulassen kann, dass sein Tempel zerstört wird.

Die geschilderte Situation erinnert uns daran, dass es auch heute Bedrohungen gibt, die die Folge falschen Verhaltens von uns Menschen und von unseren Verantwortlichen sind. Klimawandel, ökologische Krise, wirtschaftliche Krisen, Ausbeutung des globalen Südens mit Migrationsbewegungen als Folge. Warnende prophetische Stimmen werden auch hier oft nicht ernst genommen und lächerlich gemacht. Der Wille Gottes ist nicht das, woran sich die Gesellschaft orientiert. Auch das Wettrüsten scheint wieder neue Formen anzunehmen. Bedrohungs-Szenarien sind da. Wie gehen wir damit um?

Damals ist man letztlich in die Katastrophe hineingeschlittert. Die jahrzehntelange babylonische Gefangenschaft brachte dann erst recht auch eine Glaubenskrise mit sich. Hat Gott uns verlassen? Ist unser Gott schwächer als die babylonischen Götter, deren exzessive Feste man jetzt erlebte? Ähnlich stellt uns auch unsere Zeit manchmal vor die Frage: Ist Gott da, schweigt Gott heute?

Das babylonische Exil hat allerdings gleichzeitig zu einem Neuaufbruch im Glauben geführt. Man begann neu nachzudenken über Gott. Viele unsere biblischen Schriften sind in dieser Zeit, aus dieser Herausforderung heraus entstanden.

Für die Befreiung aus der Gefangenschaft war ein Eingreifen von außen nötig. Als der Perserkönig Kyros die Babylonier entmachtet hatte, erlaubte er den Gefangenen die Rückkehr in ihre Heimat. Dieser ausländische, heidnische König wurde als Werkzeug des Gottes Israels angesehen.

In Jesus hat dann Gott unserer Welt erst recht einen Neubeginn eröffnet. „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“, sagt das Evangelium des vierten Fastensonntags. An der Initiative Gottes fehlt es nicht. Es bleibt nur die Frage nach unserer Reaktion darauf.

Herbert Meßner

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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