Weltrezepte | Teil 01
Nudeln für ein langes Leben

Foto: Katholische Kirche Vorarlberg / Simone Rinner
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Die Antwort auf die Frage, wann sie nach Vorarlberg gekommen ist, kommt wie aus der Pistole geschossen: 18. September 1971. Man vergesse schließlich nicht, wann man zum ersten Mal die Heimat verlassen hat, lächelt Candelaria Koch. Ein Pfarrer aus Südtirol, der auf den Philippinen eine Schule gegründet hatte, hatte ihr und sechs anderen jungen Frauen eine Arbeitsstelle vermittelt. In einem Mädcheninternat in Feldkirch, Vorarlberg. Rund 10.500 Kilometer Luftlinie von zu Hause entfernt.

Salami mit Reis. Mit 21 Jahren sorgte sie für das Wohl der Kinder, indem sie die Mädchen unter anderem morgens weckte, im Speisesaal half und nachmittags Aufsicht hielt. Die größten Schwierigkeiten hätten ihr das Essen und die Sprache bereitet, erklärt sie lachend. Die Kreuzschwestern, die die Schule führten, wollten den jungen Frauen etwas Gutes tun und hatten sich erkundigt, wie philippinische Hausmannskost aussieht. Das adaptierte Ergebnis lautete Salami und Reis. „Da haben wir zuerst einmal blöd geschaut“, erinnert sich Koch zurück.

Aus drei mach 45. Doch auch sie hätten die Kreuzschwestern zum Staunen gebracht, wenn sie im Winter immer noch mit den Sommerschuhen unterwegs waren, grinst die Pensionistin beim Gedanken an die damaligen Anpassungsschwierigkeiten, zu denen auch die deutsche Sprache gehörte: Eine Volksschullehrerin brachte sie ihnen bei. „Man brauchte viel Durchhaltevermögen, denn die war streng und hat viel geschimpft.“ Fünf Jahre lang arbeitete Candelaria Koch im Internat, dann lernte sie ihren Mann kennen, heiratete und bekam drei Kinder. Und so sind aus den geplanten drei Jahren immerhin 45 geworden.

Sauerkraut und Selchfleisch. Mit ihrer Heimat verbindet die Filipina, die in Feldkirch-Tisis lebt, bis heute viel, auch wenn sie sie nicht so oft besuchen kann. So wurde im Hause Koch früher, als die Kinder noch daheim waren, immer „doppelt“ gekocht: philippinisch und österreichisch.

Eine Tatsache, über die sich vor allem Tochter Lorena freute, denn „richtige“ philippinische Küche inklusive Innereien und getrocknetem Fisch zählen bis heute nicht zu ihren Leibspeisen. Dafür ist Reis bei den Kochs nach wie vor die Beilage Nummer eins. Natürlich könne sie auch Knödel kochen, erklärt Candelaria Koch, aber lieber ist ihr eben Reis. Eine österreichische Spezialität, die ihr sofort geschmeckt habe, sei Sauerkraut und Selchfleisch gewesen. Und bis heute liebe sie Schweinsbraten, Schnitzel und Rostbraten.

Pancit. Ein Gericht, das sowohl dem philippinischen als auch dem österreichischen Gaumen mundet, ist Pancit. Das Nudelgericht kommt vor allem an Geburtstagen auf den Tisch, schließlich bedeuten Nudeln ein langes Leben. Die philippinische Küche habe viele chinesische, spanische und amerikanische Einflüsse, spielt Koch auf die verschiedenen Besatzungszeiten an.

Die „heimischen“ Gerichte in Österreich nachzukochen werde dank gut sortierter Supermärkte zwar immer einfacher, manchmal müsse man aber dennoch erfinderisch sein, so Koch. Gut, dass man für Pancit alles verwenden kann, was einem schmeckt. Außer Paprika. Dieser verfälscht nämlich den Geschmack.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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