caritas in veritate | Teil 08
Mit konkreten Happen auf dem Weg bleiben

Der Grazer Sozialethiker Dr. Leopold Neuhold analysiert für das Sonntagsblatt die Grundlinien der soeben erschienenen Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI. | Foto: Neuhold, fotolia
  • Der Grazer Sozialethiker Dr. Leopold Neuhold analysiert für das Sonntagsblatt die Grundlinien der soeben erschienenen Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI.
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Ohne Gott weiß der Mensch nicht, wohin er gehen soll, und vermag nicht einmal zu begreifen, wer er ist.“ Mit diesem ersten Satz im Schlusskapitel will Papst Benedikt nicht andere als religiöse und insbesondere christliche Orientierungssysteme abwerten, sondern er will aufzeigen, dass dem Menschen in seiner Aufgabe ein Begleiter mit auf den Weg gegeben ist. Nach dem hl. Augustinus ist nämlich Jesus Christus Ziel und Weg; als Weg, auf dem man geht, Mensch, als Ziel, auf das hin man geht, Gott. In dieser Orientierung kann der Mensch frei werden, nicht von der Sorge um die Gestaltung der Welt, sondern für die Gestaltung.

„Die Liebe Gottes ruft uns auf zum Aussteigen aus allem, was begrenzt und nicht endgültig ist; sie macht uns Mut, weiterzuarbeiten in der Suche nach dem Wohl für alle, auch wenn es sich nicht sofort verwirklichen lässt“ (78). Wir sind in dieser Welt nie am Ziel, sondern müssen auf dem Weg bleiben, der alle Menschen mehr Mensch werden lässt. Das ist eine „utopische“ Aufgabe, insofern als das Ziel immer vor uns liegt und insofern wir nur in konkreten kleinen Schritten dem Ziel näherkommen. Aber das Ziel lohnt die Mühe des Weges, und das Rundschreiben des Papstes möchte uns dabei Orientierung sein

– im Blick auf die Wahrheit, die immer vor uns liegt, von der wir aber immer neue Seiten kennenlernen müssen;

– im Antrieb durch die Liebe, die im Ernstnehmen der Wirklichkeit und im Blick über sich selbst hinaus die Wirklichkeit verändert.

Die Sozialenzyklika ist dabei Aufgabe und Herausforderung für uns.

Aufgabe ist sie insofern, als die vielen Orientierungen in konkrete Schritte umgesetzt werden müssen. Dabei wird Beschränkung notwendig sein. Die Anregungen sind nicht Handlungsanleitungen, sondern Orientierungen, die im Blick auf die konkrete Wirklichkeit in Handlungsschritte ausbuchstabiert werden müssen. Die ein für allemal richtige Lösung gibt es nicht, sondern die für uns bestmögliche Lösung in der konkreten Wirklichkeit. Dabei ist das, was aus „Caritas in veritate“ folgt, nicht beliebig, sondern muss der Doppelstruktur von Liebe in Wahrheit genügen.

Auch wird es um der Glaubwürdigkeit der Kirche willen wichtig sein, sich die Frage zu stellen, was diese Enzyklika für die Kirche selbst bedeutet. Die Herausforderung für uns liegt darin, Modelle der Umsetzung etwa für Solidarität und Subsidiarität in der Kirche zu finden, um damit Weggefährtenschaft für die verschiedenen anderen gesellschaftlichen Bereiche anbieten zu können. Das Rundschreiben wirkt nicht schon aus der Umsetzung in der Kirche heraus, sondern in der jeweiligen verbesserten und verbessernden Umsetzung.

„Caritas in veritate“ ist keine leichte Kost, die ohne einen schweren Verdauungsprozess umgesetzt werden könnte, sie ist auch keine Trennkost, die das Christliche getrennt vom Gesellschaftlichen und Sozialen ansiedelt, sondern Aufforderung, im konkreten Happen den Geschmack nach dem „Mehr“ anzuregen.

Der Grazer Sozialethiker Dr. Leopold Neuhold analysiert für das Sonntagsblatt die Grundlinien der soeben erschienenen Sozialenzyklika von Papst Benedikt XVI.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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