Kraft fürs Leben | Teil 04
Kraft fürs Leben ... im Ausüben eines Ehrenamtes

Gerade passend zum „Florianisonntag“ am 2. Mai erzählt Lucia Steinbauer über die Freude, die ihr der Einsatz mit und für die Freiwillige Feuerwehr in St. Kathrein am Offenegg bereitet.  | Foto: privat
  • Gerade passend zum „Florianisonntag“ am 2. Mai erzählt Lucia Steinbauer über die Freude, die ihr der Einsatz mit und für die Freiwillige Feuerwehr in St. Kathrein am Offenegg bereitet.
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Es kommt so viel Liebe zurück

Erste Frau in Österreich, die eine Freiwillige Feuerwehr kommandierte, wurde vor 14 Jahren in St. Kathrein am Offenegg Hauptbrandinspektorin (HBI) Lucia Steinbauer.

Zur Person
Lucia Steinbauer, geboren am 16. September 1961, lernte als Lehrling bei einer Baufirma ihren Mann Josef kennen. Sie hat einen Sohn, eine Tochter und vier Enkel. In Weiz leitet sie seit der Eröffnung 2005 die Kanzlei der Filiale eines Grazer Steuerberatungsbüros. Sie ist Vizebürgermeisterin in St. Kathrein/Offeneg und trat 1996 in die Freiwillige Feuerwehr St. Kathrein am Offenegg ein. Seit 2007 wirkt sie als ihre Kommandantin.

In welcher Szene, in welchem Augenblick Ihres Feuerwehrlebens sind Sie ganz glücklich, spüren Sie am intensivsten die Leidenschaft, den „Kick“: Mit der Wasserspritze in der Hand, oder wann …?
Lucia Steinbauer: Für mich ist es wunderbar zu sehen, wenn wir einen Einsatz haben: Ohne viel zu reden, leisten die Leute perfekt ihren Dienst. Ich spüre den Zusammenhalt, die Ehrlichkeit, die Kameradschaft. Wir teilen Freude und Leid. Nach einem schwierigen Einsatz, etwa wenn wir bei einem Verkehrsunfall jemanden nicht mehr retten konnten, setzen wir uns danach zusammen, und jeder kann ein bisschen reden, wie es ihm geht.

Woran merken Sie diesen Zusammenhalt?
Bei einem Autounfall eineinhalb Wochen nach meiner Wahl zur Kommandantin 2007 kam ich nicht als Erste zum Einsatzort und hörte einen Feuermann bereits laut hin und her schreien und die anderen kommandieren. Da sagte ich ihm: „Mein lieber …, sofort herunter vom Kran! Mit meinen Kameraden schreit niemand. Es wird nicht ein lautes Wort bei einem Einsatz fallen.“
Ein einschneidendes Erlebnis kurz danach hat mir gezeigt: Die Leute stehen alle hinter mir. Ein 18-jähriger Mann, der dann ein Jahr im Spital war und inzwischen wieder ohne Rollstuhl gehen kann, war nach einem Disco-Besuch mit dem Auto über einen Hang hinuntergestürzt. Die Bergung war sehr schwierig. Ein junger Kamerad sollte die Beleuchtung halten und zitterte. Da teilte ich ihn auf einen anderen Platz ein. Darauf lobte mich die Notärztin: „Sie haben ihm nicht gesagt, ‚Du kannst das nicht, geh weg!‘, sondern Sie haben ihm eine andere Aufgabe gegeben.“

Was „nährt“ Feuerwehrleute, was bekommen sie für ihre Mühen zurück?
Nach einem Einsatz schrieb mir ein Betroffener: „Liebe Lucia, ich gratuliere Dir zu Deiner großartigen Feuerwehr. Ihr wart binnen zwei Minuten da. Es war wie ein Wunder. Alles ist super gelaufen.“ Ich liebe wirklich meine Bevölkerung von St. Kathrein am Offenegg, weil sie so mit voller Kraft hinter ihrer Feuerwehr steht. Ich möchte mich nicht in den Mittelpunkt stellen, aber meinen Feuerwehrkameraden kann ich blind vertrauen. Ich verstehe mich mit allen Kameraden und Kameradinnen. Auf alle bin ich sehr stolz. Wir sind ein Team, das zusammenhält. Zu 99 Prozent kommt von den Leuten Dankbarkeit von ganzem Herzen zurück. Ich bin dankbar, wenn ein Lachen zurückkommt. Es kommt so viel Liebe zurück.

Eine Frau an der Spitze einer Feuerwehr auf dem Land – wie ging das?
Weil ich Menschen helfen wollte, ging ich 1996 zur Freiwilligen Feuerwehr. Im Rüsthaus gab es noch keine Umkleidekabinen und Toiletteanlagen für Frauen. Ich wollte die gleiche Arbeit und die gleichen Ausbildungen machen wie die Männer. Zuerst übernahm ich die EDV. Zwei Männer halfen mir gegen „mangelnde technische Fähigkeiten“. Mit ihnen machte ich 2003 mit Auszeichnung die Kommandantenprüfung. Bei der Kommandantenwahl 2007 erhielt ich fast drei Viertel aller Stimmen, bei der Wiederwahl 2012 alle bis auf zwei oder drei. – Drei Wochen vor der Eröffnung unseres neuen Rüsthauses 2008 versprach mir mein Mann: „Wenn du zu rauchen aufhörst, mache ich den Außenputz.“

Was stärkt Sie?
Ich bin ein positiv denkender Mensch. Die Quelle des Glaubens gibt mir Halt. Man muss den Menschen die Freiheit geben und ihnen vertrauen. Für mich ist jeder Mensch sehr wertvoll. Ich bin ein sehr religiöser Mensch. Ohne die Kraft Gottes würde ich das alles nicht schaffen. Ich danke dem lieben Gott, dass er uns immer unterstützt.

Für dieses Sonntagsblatt-Gespräch, meinten Sie davor, hätten Sie fast immer Zeit, nur nicht am Sonntagvormittag …
Diese Zeit ist bei uns für den Gottesdienst reserviert. In unserer Familie war der Glaube ganz wichtig, von den Eltern und Großeltern her. Ich bin auf einem Bauernhof als erstes von neun Kindern aufgewachsen. Einer meiner Brüder ist Pfarrgemeinderatsvorsitzender, ein anderer seit 30 Jahren ehrenamtlicher Mesner in St. Kathrein am Offenegg.

Das Gespräch führte JOHANN A. BAUER

Aus dem ERFAHRUNGSSCHATZ der Kirche

Denn wie wir an dem einen Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder denselben Dienst leisten, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, als einzelne aber sind wir Glieder, die zueinander gehören. Wir haben unterschiedliche Gaben, je nach der uns verliehenen Gnade.
RÖMER 12,4–6

Beginne damit, das Nötige zu tun. Dann tue das Mögliche, und plötzlich tust du das Unmögliche.
Tu erst das Notwendige, dann das Mögliche, und plötzlich schaffst du das Unmögliche.
FRANZ VON ASSISI

Der Apostolat der Laien ist Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst. Zu diesem Apostolat werden alle vom Herrn selbst durch Taufe und Firmung bestellt.
II. VATIKANISCHES KONZIL, LUMEN GENTIUM 33

Ein Ehrenamt ausüben

Theologische Aspekte.
Das Thema Ehrenamt bzw. freiwilliges Engagement ist für uns als Kirche wesentlich mehr als eine Organisations- und Managementaufgabe. Es geht um die Frage nach unserem Christsein und unserem Verständnis von Kirche. Es gab von Anfang an engagierte Christinnen und Christen. Aber man wäre kaum auf die Idee gekommen, sie als ehrenamtliche MitarbeiterInnen zu bezeichnen. Jede und jeder ist berufen, durch das eigene Leben in Wort und Tat Zeugin und Zeuge für Jesus Christus und sein Evangelium zu sein. Mit unseren Glaubens- und Lebenserfahrungen, Ideen und Visionen, Talenten und Interessen tragen wir in unterschiedlichen Funktionen dazu bei. Ehrenamtliches Engagement ist Ausdruck dieser Sendung zum Apostolat, das seine sakramentale Basis in Taufe und Firmung hat, und leitet sich nicht vom priesterlichen oder dem hauptamtlichen Dienst, sondern „vom Herrn selbst“ ab (Lumen Gentium 33). So verwendet Paulus zwar öfter die Bezeichnung „Mitarbeiter“ bzw. „Mitarbeiterin“, meint damit aber Personen, mit denen er sich in der gleichen Beauftragung durch Gott selbst verbunden weiß. Theologisch gesehen liegt in dieser allen Gläubigen gemeinsamen Würde jene „Ehre“, von der her ein kirchliches Ehrenamt begründet ist. Sie entscheiden frei, wie und wo sie die ihnen geschenkten „Gnadengaben“ zum Wohle anderer einbringen.

Was haben Freiwillige davon?

  • Produktivität und die Schaffung neuer sozialer Netzwerke bringen höhere Lebensqualität, gesteigertes Wohlergehen und positive Gesundheitseffekte.
  • Positive Stimmung aufgrund des Engagements begünstigen eine höhere Lebenszufriedenheit (Gefühle der Nützlichkeit, gesteigerter Selbstwert, „ich bin bedeutsam“).
  • Freiwilliges Engagement ermöglicht, sich in neuen Rollen und Aufgaben einzubringen, und trägt damit wesentlich zu Lebenssinn und Lebensfreude in veränderten Lebensphasen bei.
  • Freiwillige sind tendenziell zufriedener mit ihren Jobs und ihren Karrieren.
  • Freiwillig Engagierte können Fähigkeiten einsetzen und erwerben.

Fachtagung der Interessensgemeinschaft
Freiwilligenzentren Österreich, 2011

LINKS & TIPPS

www.katholische-kirche-steiermark.at
Diözesane Engagement-Strategie und Grundsätze freiwilligen Engagements geben Orientierung.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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