Ketzer - Unruhestifter des Glaubens | Teil 12
Ignaz von Döllinger und die Papst-Geschichte

Johann Joseph Ignaz Döllinger, (1799–1890), seit 1867 Ritter von Döllinger.  | Foto: Universitätsarchiv München
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  • Johann Joseph Ignaz Döllinger, (1799–1890), seit 1867 Ritter von Döllinger.
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Die Papstdogmen des 1. Vatikanischen Konzils konnte der Christ, Theologe, Kirchenhistoriker und Bürger nicht annehmen.

Der in Bamberg geborene Johann Joseph Ignaz Döllinger wurde Priester, um sein Leben lang Theologie treiben zu können. Er träumte von einer Pfarre am Land mit einem Pfarrhaus in Waldnähe und von genügend Einkünften, um sich eine Bibliothek zu sammeln und sich in aller Ruhe theologischen Studien zu widmen.

Ein deutscher Theologieprofessor

Döllinger war kaum ein Jahr Kaplan gewesen, als er 1823 Professor für Kirchengeschichte und Kirchenrecht in Aschaffenburg und bald darauf in München wurde. Seine kirchenhistorischen Lehrbücher waren jahrzehntelang Standardwerke in der katholischen Theologie. Im Revolutionsjahr 1848 war Döllinger katholischer Abgeordneter in der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Er trat für eine freie, nicht vom Staat bevormundete Kirche in einem freien Staat ein.

Rom und Papst Pius IX. (1846–1878)

Papst Pius IX. sah in den modernen Bestrebungen nach Freiheitsrechten eine Gefahr für die katholische Kirche und den Kirchenstaat. Im Syllabus 1864 sammelte und veröffentlichte der Papst 80 „Irrtümer der Zeit“. Dazu zählte er z. B. das Recht auf Meinungsfreiheit. Döllinger erfuhr immer mehr Misstrauen römischer Behörden und wurde wegen seiner Ansichten immer öfter angezeigt. Er unternahm eine Romreise, die ihn sehr bestürzte, als er dort keinerlei Interesse an Theologie bemerken konnte.

Der Papst und das Erste Vatikanische Konzil

Döllingers Sorge um die wissenschaftliche Theologie und um die wachsende Kluft zwischen Kirche und Welt wurde immer größer. In der Augsburger Allgemeinen Zeitung kritisierte er leidenschaftlich die Absicht, auf dem Ersten Vatikanischen Konzil die Stellung des Papstes dogmatisch zu fixieren. Döllinger konnte die Konzilsbeschlüsse zur Unfehlbarkeit des Papstes dann auch nicht annehmen.

Die Exkommunikation

Döllinger wurde am 17. April 1871 durch ein in allen Kirchen des Erzbistums München verlesenes Dekret exkommuniziert. Ihm galt diese Strafe als Unrecht, aber er respektierte sie. Er setzte seine wissenschaftliche Arbeit fort, wurde Rektor der Münchener Universität und Präsident der Königlichen Akademie in München. Er setzte sich für die Wiedervereinigung der Kirchen ein und erhob seine Stimme für den Anteil jüdischer Geschichte an der Geschichte Deutschlands. In seinen letzten Lebensjahren nahm er öfters hinter einer Säule versteckt am Gottesdienst in der Münchener Theatinerkirche teil. Döllinger starb 1890 in München.

Die altkatholische Kirche

Aus der Ablehnung des umstrittenen Unfehlbarkeitsdogmas ging die altkatholische Kirche hervor. Als ihr Gründungsdokument gilt die Utrechter Erklärung 1889. Ignaz von Döllinger war ein Wegbereiter der altkatholischen Kirche, ohne sich ihr anzuschließen.

 

 

Johann Joseph Ignaz Döllinger, (1799–1890), seit 1867 Ritter von Döllinger.  | Foto: Universitätsarchiv München
Verlesung der Dekrete am Ersten Vatikanischen Konzil, das im rechten Querschiff von St. Peter 1869/70 tagte. | Foto: wmc
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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