Medizin-Mensch-Moral | Teil 02
Ethik braucht Strukturen

Das Handlungsfeld Spital erfordert ein hohes berufliches Ethos und geeignete Räume für ethische Entscheidungsprozesse. | Foto: Fotolia
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Soll bei einer unheilbar kranken Tumorpatientin auf lebensverlängernde Maßnahmen verzichtet werden? Wie geht man damit um, wenn die Angehörigen einer demenzkranken Frau durch ihre häufige und fordernde Präsenz die Stationsabläufe durcheinander bringen? Wenn ein Mann eine dringend notwendige Behandlung aus religiösen Gründen ablehnt? Wenn ein Unfallopfer einen schönheitschirurgischen Eingriff fordert? Oder wenn eine Untersuchung verordnet wird, damit das Diagnosezentrum ausgelastet ist? – Immer wieder müssen im Krankenhaus Entscheidungen getroffen werden zwischen dem, was medizinisch sinnvoll ist, dem, was Patienten wünschen, und dem, was von einem Spital personell und finanziell geleistet werden kann.[/p]

Die in den verschiedenen Gesundheitsberufen Tätigen bewegen sich dabei im Spannungsfeld von medizinischer Verantwortung, menschlicher Anteilnahme und rechtlichen Vorgaben. Und sie tragen, genauso wie Patienten und deren Angehörige, ihre eigenen Wertvorstellungen und ihre Geschichte früherer Erfahrungen mit dem System Krankenhaus in den Stationsalltag hinein. Dass in diesem komplexen und sensiblen Bereich ethische Konflikte vorprogrammiert sind, leuchtet ein.

Die Frage, was nun das jeweils Gute für die beteiligten Menschen ist, lässt sich nicht ohne Bezug auf die konkrete Situation beantworten. Die Qualität der notwendigen Güterabwägungen im Spital hängt daher eng damit zusammen, wie die Ethik-Arbeit vor Ort organisiert wird. Denn wenn Wertekonflikte allein von Einzelnen zu meistern sind, kann dies rasch zu Überforderung, Frustration oder Burnout führen und schadet in weiterer Folge dem heilenden Auftrag der Institution Krankenhaus.

Der Prozess der ethischen Reflexion braucht eine Struktur; er muss in einer Organisation im wörtlichen Sinn erst „ver-ortet“ werden. Dazu bedarf es verantwortlicher Ansprechpartner, transparenter Abläufe, klarer Regeln und der Beteiligung möglichst aller Berufsgruppen und Hierarchie-Ebenen. Das klinische Ethikkomitee bildet dafür den Angelpunkt und fördert einen geordneten Umgang mit der ethischen Dimension medizinischen Handelns. Es bringt gewissermaßen Ethik in die Strukturen vor Ort. Das geschieht durch die Unterstützung bei der Entscheidungsfindung in Einzelfällen auf den Stationen sowie durch ein Angebot geeigneter Fortbildungen und die Entwicklung von Richtlinien für Standardsituationen.

Im Krankenhaus der Elisabethinen in Graz wurde dieser Weg bereits eingeschlagen und jüngst ein Ethikkomitee gegründet.

Hans-Walter Ruckenbauer

 

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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