Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 036
Der Geburtsort Jesu

Geburt Jesu. Rumänische Ikone. | Foto: wmc

Betlehem, oder doch Nazaret?

Nazaret gilt in der gesamten evangelischen Überlieferung als die Heimatstadt Jesu (z. B. Lk 4,16; Mt 2,23; 21,11). Markus und Johannes scheinen in ihrem Evangelium dabei vorauszusetzen, dass Jesus auch in Nazaret geboren wurde (vgl. Mk 6,1; Joh 1,45f.; 7,41.52). Zumindest erwähnen sie keinen anderen Ort. Da sie Jesus zudem stets als den Nazarener vorstellen, erwecken sie den Eindruck, Nazaret sei auch der Geburtsort Jesu gewesen.

Matthäus und Lukas hingegen berichten von einer Geburt in Betlehem (Mt 2,1; Lk 2,4). Die Frage ist nun, ob diese zweite Ortsangabe eine historische Angabe ist. Dabei gilt es abzuwägen. Es könnte sein, dass Matthäus und Lukas aufgrund einer nur ihnen zugänglichen Quelle um einen vom Heimatort abweichenden Geburtsort wissen. Möglich ist jedoch auch, dass es sich bei dem Hinweis auf Betlehem weniger um eine historische als vielmehr um eine theologische Aussage handelt, die aussagen soll, dass sich mit der Geburt Jesu die in Betlehem begründete Tradition des für die Geschichte Israels bedeutsamen Königs David fortsetzt.

Diese zweite Deutung gilt vielen Historikern als die wahrscheinlichere. Für sie spricht, dass die Kindheitsgeschichten zahlreiche weitere Anspielungen auf die Davidstradition enthalten. Von daher sprechen sich viele Historiker eher für Nazaret als für Betlehem als Geburtsort Jesu aus, wenngleich die Frage aufgrund der Quellenlage letztendlich nicht zu entscheiden ist. Nazaret ist zu dieser Zeit ein völlig unbedeutendes Städtchen. Grabungen haben jedoch gezeigt, dass der Ort alt ist und bereits 2000 Jahre vor unserer Zeitrechnung besiedelt war.

Das öffentliche Wirken Jesu
Leider ist es nicht möglich, das Wirken Jesu zeitlich exakt zu bestimmen. Die Evangelien enthalten zwar zahlreiche Einzelangaben zu dieser Frage, doch lassen sich damit weder der Beginn dieses Wirkens noch dessen Dauer genau bestimmen. Dies liegt vor allem daran, dass die dafür relevanten Aussagen der drei synoptischen Evangelien nur bedingt mit denen harmonieren, die sich im Johannesevangelium finden. Die Mehrzahl der Exegeten gibt bei chronologischen Fragen dem Johannesevangelium mit seinen insgesamt präziseren Zeitangaben den Vorzug.

Der große Unterschied zwischen der Berichterstattung der Synoptiker und der des Johannes liegt darin, dass die Synoptiker nur eine Reise Jesu nach Jerusalem kennen, während das vierte Evangelium voraussetzt, dass Jesus mehrfach in Jerusalem gewesen ist. Die vier Evangelien unterscheiden sich weiterhin in den Aussagen, die die Beziehung Jesu zu Johannes dem Täufer betreffen. Dabei gehen die Synoptiker davon aus, dass der Beginn des öffentlichen Auftretens Jesu zeitlich mit dem Tod des Täufers zusammenfällt. Das Johannesevangelium hingegen spricht davon, dass Jesus und der Täufer eine Zeit lang nebeneinander gewirkt haben. Wegen dieser widersprüchlichen Angaben kann für den Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu nicht ein Zeitpunkt, sondern lediglich ein Zeitraum angegeben werden. Dieser liegt zwischen den Jahren 26 und 29 n. Chr.

Dieses Ergebnis wird in weiteren Untersuchungen benutzt, um mit seiner Hilfe die Dauer des öffentlichen Wirkens Jesu zu bestimmen. Kombiniert man es nämlich mit den historisch möglichen Angaben zum Todesjahr Jesu, so folgt daraus, dass das öffentliche Wirken Jesu im Minimum einige Monate betrug und im Maximum etwa drei Jahre umfasste.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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