Edith Stein - Patronin Europas | Teil 05
Bildnerische Erziehung

Erziehen heißt entfalten … | Foto: Bilderbox

Was macht die „katholische Brille“ aus – in meinem Leben, meinem Handeln, meinem Alltag und meiner Weltsicht? Für Edith Stein war das die entscheidende Frage – auch im Hinblick auf die Erziehung.

In das katholische Leben hineinwachsen!“ war vorrangiges Ziel Edith Steins, als sie kurz nach ihrer Konversion begann, am Schulzentrum der Dominikanerinnen in Speyer zu unterrichten. Sie machte es sich zur ersten Aufgabe, die „katholische Perspektive“ anhand ihres eigenen Alltags zu finden. Sie fragte sich: Wie sehen die konkreten Ereignisse meines Lebens und meiner Zeit durch die „katholische Brille“ aus? Wie gestalte ich mein Leben als Katholikin? Unterrichtsvorbereitung, Schulstunden, Hefte korrigieren, Prüfungsarbeiten bewerten, ein offenes Ohr für die Sorgen der Mädchen haben, eingebunden sein in die Schulgemeinschaft… Das war ihr Alltag und die Basis für ihre Überlegungen zu Themen christlicher Erziehung und Bildung.

„Bildnerische“ Erziehung. Viele Menschen verbinden mit „Bildnerischer Erziehung“ den „Zeichen- oder Kreativunterricht“ mit den unterschiedlichsten – emotional gefärbten – Erinnerungen daran. Edith Stein untersucht, ausgehend von ihren eigenen pädagogischen Erfahrungen in Zusammenschau mit zeitgenössischen Richtungen, den Gesichtspunkt des „Bildnerischen“ und der Erziehung streng biblisch.

Nach seinem Bild. Das christliche Menschenbild sieht Edith Stein im Schöpfungsbericht der Bibel gezeichnet. „Gott schuf den Menschen nach seinem Bild“ (Gen 1,27). Im Neuen Testament findet sie konkrete Anweisungen, wie der Mensch als „Bild Gottes“ sein soll: „Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Mt 5,48). Vollkommen meint nicht, Gott gleich zu sein, sondern Gottes Bild in mir voll kommen zu lassen. Als getaufte Christin, als getaufter Christ trägt der Mensch das „Urbild“ des in Liebe aufeinander bezogenen dreifaltigen Gottes in sich. Um uns Menschen näher an dieses Geheimnis zu führen, sandte er seinen Sohn in die Welt.

Jesus Christus zeigt uns den Weg, wie wir mehr und mehr „Bild Gottes“ werden können. Er fordert ein, die Gebote so zu halten, dass sie vom Gebot der Liebe umfangen sind und zur Gottes- und Nächstenliebe führen. Doch nicht nur das: Die liebende Antwort an Gottes zuvorkommende Liebe ist eine gesunde Selbstliebe.

Dem Leben zum Leben helfen. Musikalische Fähigkeiten, sportliche Leistungen, handwerkliche Fertigkeiten, intellektuelle Begabung, kreativer Ausdruck… – was in der menschlichen Natur an Möglichkeiten liegt, ist immer individuelle Natur eines einzelnen Menschen. Diese Einmaligkeit des Einzelnen verlangt nach Gemeinschaft als einem Ort, wo sie sichtbar wird und sich auf andere beziehen kann. Darin liegt der Auftrag jeder Erziehungs- und Bildungsarbeit. Edith Stein sagt: „Man kann nichts in den Menschen hineinbilden, was nicht in ihm steckt.“ Es geht also darum, Menschen zu helfen, dass sie entfalten können, was ihre Einmaligkeit ausmacht. Zugleich geht es darum, die Freude am Zusammenspiel verschiedener Begabungen zu fördern. So gesehen sind Erziehungs- und Bildungsaufgaben „mit-schöpferisches Wirken“ am Ebenbild Gottes.

Soziale Bildung. Tendenzen zu Anonymität, Isolation, Vereinsamung … gefährden Menschen in der Entwicklung ihres sozialen Verhaltens. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt“, heißt es schon in Gen 2,18. Christliche Erziehungs- und Bildungsarbeit sucht dem sozialen Wesen des Menschen gerecht zu werden, so Edith Stein. Da der einzelne Mensch nicht von vornherein ein fertiges Gemeinschaftsmitglied ist, ist es ein wichtiger Dienst, erzieherisch und bildend einzuwirken. Ein Dienst wofür? Soziale Kompetenz ordnet und fördert die Fähigkeit zu erfüllter Beziehung. Eine Fähigkeit, die über unser irdisches Leben hinausreicht in das ewige Leben mit Gott.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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