Positionen - Leopold Neuhold
Was wir der Welt schuldig sind? Freude!

Im Jahre 2055 treffen sich zwei ältere Herren. „Na, Hans, kannst du dich noch an damals, an die zwanziger Jahre erinnern, als wir alle Masken tragen mussten, kein Gasthaus geöffnet hatte, wir wegen der Corona-Mutanten täglich einen Test machen mussten?“ Die Antwort: „Ja, das waren sieben verrückte Jahre!“

Also wenig Zuversicht für das kommende Jahr. Wir sind es ja schon gewohnt, immer das Schlimmste anzunehmen, auch wir Christen sind oft vom Pessimismus bestimmt. Es stimmt, die Aussichten für das neue Jahr scheinen nicht so rosig: Was wird es schon Besseres als das vergangene bringen? Sicherlich, die Hoffnung stirbt zuletzt, aber auf wen oder was sollten wir unsere Hoffnung setzen?

Der französische Philosoph Denis Moreau wurde in einem Interview in der Kleinen Zeitung gefragt, was die Christen der Welt noch zu bieten hätten. Zuerst hatte Moreau gemeint, dass sich der christliche Universalismus in Europa durchgesetzt habe und viele deswegen glaubten, das Christentum nicht mehr zu brauchen, auch angesichts einer abendländischen Kultur, die sich durch das Christentum entwickelt hatte und uns noch immer prägt. Was also soll das Christentum noch bieten? Die lapidare Antwort des Philosophen: „Freude!“ Es ist gut, wenn wir Christen auf Moral, auf realistische Abschätzung Wert legen, wir dürfen aber den Grund nicht vergessen: den Mensch gewordenen Gott, der uns im Blick auf das Ganze trotz aller Beschränkungen, die wir und andere uns auferlegen, die Freude der Liebe, die uns hält, erkennen lassen kann. Diese Freude sind wir der Welt auch 2022 schuldig.

Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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