Positionen - Leopold Neuhold
Weil's Vorschrift ist?

Ein Unteroffizier fragt die Rekruten, warum der Gewehrschaft aus Walnussholz ist. Die jungen Soldaten zählen verschiedene mögliche Gründe auf. Weil dieses Holz widerstandsfähiger sei, sagt der eine, der andere erwähnt die glatte Oberfläche des Holzes, wieder ein anderer begründet die Wahl des Holzes damit, dass es so elegant sei. „Alles Blödsinn!“, merkt der Unteroffizier kühl an. Und gibt dann den seines Erachtens wahren Grund zum Besten: „Weil es so Vorschrift ist!“
Wir sind heute in vielen Dingen von Vorschriften bestimmt. Und es ist gut, dass es solche gibt. Wenn aber die Vorschriften zum Selbstzweck werden und der Sinn dahinter nicht mehr verstanden wird, wird es problematisch. Beim Wegfall der Vorschrift werden dann auch die sinnvollen und notwendigen Maßnahmen nicht mehr beibehalten. Das ist die eine Seite: Andererseits werden dann auch die Nebenfolgen des Handelns nicht mehr beachtet.
Und unsere Gesellschaft ist ja eine der unbedachten und unerwünschten Nebenwirkungen, die uns über den Kopf wachsen. Die Kosten der Nebenwirkungen fressen dann die Vorteile des Vorgehens nach Vorschrift auf. „Zu Risiken und Nebenwirkungen rauchen Sie die Packungsbeilage und sagen Sie ihrem Arzt, Sie haben den Stoff vom Apotheker.“ So könnte man dann den Kommentar zum Beipacktext, der in der Werbung gegeben wird, ironisch verändern. Aber es könnte auch umgekehrt sein: „Hat das Medikament, das Sie mir da verschreiben, auch irgendwelche Nebenwirkungen?“ Der Arzt darauf: „Ja, Sie müssen damit rechnen, wieder arbeitsfähig zu werden!“

Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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