Mehr als Sport | Teil 01
Wie kommt die Kirche zum Sport?

Weil der Kaplan einer Dortmunder Arbeiterpfarre seinen Jugendlichen das Fußballspielen verboten hatte, gründeten diese im Jahr 1909 einen von der Kirche unabhängigen Verein. Das war die Geburtsstunde der Borussia Dortmund, des aktuellen deutschen Fußballmeisters. Seit damals hat sich die Einstellung der Kirche zum Sport deutlich gewandelt. Vierzig Jahre später wurde bei uns die Diözesansportgemeinschaft – besser bekannt als DSG – ins Leben gerufen, ein Sportverein innerhalb der Katholischen Aktion, der im Auftrag der Kirche Sport betreibt und sportliche Veranstaltungen anbietet. Mittlerweile kann die DSG auf eine 60-jährige Erfolgsgeschichte zurückschauen, wenn sie auch nicht mit jener von Borussia Dortmund vergleichbar ist, denn „Erfolg“ ist hier ganz anders zu definieren.

Wenn die Kirche Sport betreibt, geht es ihr um mehr als um Freude an der Bewegung, Kameradschaft, Leistung oder Erfolg. Da soll spürbar werden, dass der Sport ein Ausdruck der Spiritualität ist, ein Raum, wo Glaubenserfahrungen möglich sind. Das Gipfelerlebnis bei einer Bergtour, das bewusste Wahrnehmen der kleinen und großen Wunder in der Natur, das Glücksgefühl, wenn eine schwierige Übung, ein besonders geniales Tor gelingt, die Erfahrung von Grenzen und Grenzüberschreitungen – all das sind religiöse Momente. Sie brauchen aber auch eine entsprechende Deutung auf dem Hintergrund unseres christlichen Welt- und Menschenbildes, unseres Schöpfungs- und Gottesverständnisses.

Die DSG greift bei ihren Veranstaltungen – sei es eine Bergwanderung, eine Schiwoche oder ein meditativer Lauftreff – solche Erfahrungen auf und bringt sie in einer Andacht, einem Gottesdienst, einem Text oder Lied zur Sprache. Oft entsteht bei Kursen der DSG eine Atmosphäre, in der man die Scheu ablegen kann, über den Glauben zu reden. Und dann entwickeln sich oft ganz spontan sehr tiefe Gespräche während des Gehens, am Schilift oder beim abendlichen Zusammensitzen. Das christliche Menschenbild drückt sich auch in der Wertschätzung für jeden aus – besonders für gesellschaftliche Randgruppen wie sozial Schwächere, Behinderte oder Migranten. Man bemüht sich um ein Klima, in dem sich alle angenommen fühlen können, auch unabhängig von Leistungsfähigkeit und Geschick.

Und nicht zuletzt kann auch die Kirche vom Sport lernen. Auch der Glaube betrifft den ganzen Menschen und hat eine körperliche Dimension. Auch Glaube bedeutet, in Bewegung zu sein. Auch Spiritualität braucht das „Training“, die regelmäßige Übung.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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