Menschen Wege | Teil 03
Wenn Jesus und die Kirche mich brauchen, dann …

Foto: Gerd Neuhold, Sonntagsblatt

Ich stamme aus einer persischen Familie. 1979, als ich zehn Jahre alt war, gab es in Persien eine Revolution, Schah Reza Pahlevi wurde gestürzt, und Khomeini kam an die Macht“, erzählt die 46-Jährige. Im Land veränderte sich alles. „Menschen wurden hingerichtet. Die Schulen zugesperrt.“ Nach drei bis vier Monaten wurden die Schulen zwar wieder geöffnet, aber es war eben anders. Bei Diebstahl wurden als Strafe die Hände abgehackt. Eine Sittenpolizei, die an kein Gesetz gebunden war, begann alle zu kontrollieren.

„Mein Schwager sollte hingerichtet werden, weil er sich für Unschuldige eingesetzt hat. Aufgrund der Sippenhaftung war auch meine Familie plötzlich in Gefahr. Mein Mann und ich beschlossen, mit unseren Kindern zu flüchten. Wir hatten nicht geplant wohin, aber es sollte ein christliches Land sein, wo es Menschenrechte und eine Demokratie gibt.“

1994 ist die junge Familie in Österreich gelandet. Die Asylgründe wurden anfangs nicht akzeptiert. Ein Versuch, nach Deutschland zu gelangen, scheiterte. Der Mann kam in Schubhaft. In ihrer Verzweiflung rief Anna Maria ihre Tante in Deutschland an, die sie tröstete: „Hab keine Angst! Die Gefängnisse hier sind nicht wie im Iran. Er wird nicht gefoltert.“ Die Tante gab ihr auch den Rat, in eine Kirche zu gehen. Sie selbst wäre herzkrank gewesen, und Jesus habe ihr geholfen. Also suchte sie eine Kirche. „Was da in meiner Seele geschehen ist, kann ich nicht beschreiben. Ich habe zum ersten Mal Gott gespürt. Bisher war Gott für mich immer unerreichbar. Wer Jesus Christus ist, habe ich auch nicht gewusst. Aber ich habe seine Hilfe erfahren und wollte Christin werden.“ Letztendlich bekam die Familie doch Asyl in Österreich.

Nach einer intensiven Vorbereitung wurden Anna Maria und ihre Familie 1996 schließlich in Graz-St. Leonhard getauft. Die Reaktionen von Bekannten und Freunden waren unterschiedlich. „Manche haben Abstand genommen, weil wir Verräter seien, andere sind neugierig geworden.“

Von 2002 an machte Anna Maria eine mehrjährige Ausbildung zur Katechetin und begann relativ bald mit dieser Tätigkeit im Institut St. Justinus. Sie bereitete schon damals – wie sie es auch heute tut – Katechumenen auf die Taufe vor. Sie versucht, den vielen, die nach Gott fragen, eine Antwort zu geben. Da es an christlicher Literatur in persischer Sprache mangelt, begann sie mit Übersetzungsarbeiten. Ihre Erfahrung ist, dass viele Leute aus ihrem Heimatland wissen wollen, wer Jesus Christus ist.

Seit April ist Frau Jalalifar in der Diözese als pastorale Mitarbeiterin für die Katechese und begleitende Seelsorge für Taufbewerber aus dem persischen und arabischen Raum angestellt. „Solange mich Jesus und die Kirche brauchen können, ist das meine Aufgabe.“ Zur Beendigung des Theologiestudiums in Heiligenkreuz fehlt ihr nur mehr die Diplomarbeit.

Natürlich vermisst sie ihr Heimatland und ihre Eltern. Ob sie einmal nach Österreich kommen können, weiß sie nicht, denn solche Besuche sind nicht einfach.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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