Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 073
Was will christliche Ethik?

Schuld und Sünde sind Begriffe, mit denen viele heute nichts mehr anfangen können. | Foto: wmc
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Der Anspruch Gottes

Die Glaubenswahrheiten, in denen Gott sich – angefangen bei Abraham bis hin zu Christus – offenbart hat, stellen das Fundament des christlichen Glaubens dar, auf dem auch eine christliche Ethik gründet.

Die Letztbegründung ethischer Prinzipien in der biblischen Überlieferung zu finden greift tiefer, als sich angesprochen zu fühlen von interessanten Geschichten, die etwa auch durch andere ersetzt werden könnten. Durch die biblischen Überlieferungen wird den gläubigen Christen eine neue Geschichte zugeordnet. Sie werden aus ihrer gewöhnlichen, natürlichen, familiären, nationalen, biographischen Geschichte herausgenommen und eingefügt in die Geschichte Israels. Die biblischen Vorgaben und die Tradition der Kirche in die Gegenwart hinein weiterzuschreiben, ist Aufgabe der Moraltheologie bzw. der theologischen Ethik. (Beide Termini werden hier gleichbedeutend verwendet.) Dabei muss sie sich auch den tagespolitisch aktuellen Fragen stellen und begründete Handlungsanweisungen geben.

 

<strong>Sünde – Schuld</strong>

Die Umgangssprache hat den Begriff der Sünde heute trivialisiert und ironisiert. Wir sprechen davon, dass etwas „eine Sünde wert“ ist oder „sündhaft gut“ geschmeckt hat. Schuld und Sünde sind Worte, mit denen viele heute nichts mehr anfangen können, obwohl die dahinterstehende Wirklichkeit ihnen oft schmerzlich bewusst ist. Wo immer Menschen in Gemeinschaft zusammenleben, erfahren sie auf unterschiedlichen Ebenen ihr Versagen gegenüber sich selbst oder gegenüber anderen. Die Aufarbeitung von verdrängter Schuld erfolgt heute mehr durch Therapeuten als durch Seelsorger.

Wenn von Erbsünde gesprochen wird, denken manche an einen biologisch vererbten Fehler, der durch den Ungehorsam der Stammeltern Adam und Eva den Menschen anhaftet. Wenn die Kirche von „Erbsünde“ redet, so meint sie jedoch damit den Zustand des Unheiles und des Unvollkommenen, in den der Mensch hineingeboren wird und in den er gestellt ist, ob er will oder nicht. Die kollektiven Zusammenhänge der Welt, die Aggressionen und Kriege, das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich, Ausbeutung und Unterdrückung zugunsten Privilegierter – all das sind Verflechtungen und Verstrickungen, denen der Mensch nicht entkommen kann. „Niemand hat die Möglichkeit, an einem perfekten ,Punkt Null‘ anzufangen und sein Gutes in völliger Freiheit zu entwickeln.“ (Benedikt XVI.) Christen glauben, dass die Schuld Adams durch den Tod und die Auferstehung Christi gesühnt ist und wir durch die Taufe von der Erbsünde befreit sind. Trotz ihnen sind wir in der Lage, uns zeitlebens in Freiheit zum Guten zu entscheiden bzw. dann, wenn wir versagen, Reue und Vergebung zu erbitten.

Die katholische Kirche unterscheidet zwischen Todsünden und lässlichen Sünden. Eine Todsünde ist gegeben, wenn „eine schwere Sache, volle Erkenntnis und freiwillige Zustimmung“ vorliegen. Dazu gehört z. B. Ehebruch, Mord oder Glaubensabfall. Nur im Sakrament der Buße können Todsünden vergeben werden. Ohne vollkommene Reue führen sie zu einem „ewigen Tod in der Hölle“. Eine lässliche Sünde liegt vor, wenn es sich nicht um eine „schwere Materie“ oder der Sünder ohne volle Erkenntnis und Zustimmung handelt. Lässliche Sünden „brechen den Bund mit Gott nicht, schwächen aber die Liebe“ (Komp Kat 395ff.). Auch sie werden im Sakrament der Beichte vergeben.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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