Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 050
Was meint Kirche?

Jesu Seitenwunde ist die Quelle, aus der die Kirche entspringt. | Foto: unbekannter Maler um 1400
  • Jesu Seitenwunde ist die Quelle, aus der die Kirche entspringt.
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Definition von Kirche

Kirche kann eine organisierte Religionsgemeinschaft, ein sakrales Bauwerk oder die Gemeinschaft der Christen sein. Kirche wird in erster Linie verstanden als eine große gesellschaftliche Gruppe, die unter staatlichem Schutz gottesdienstliche Feiern anbietet und verschiedene soziale Aufgaben übernimmt. Die Institution selbst ist heute für viele fragil geworden. Die Parole der siebziger Jahre „Jesus ja – Kirche nein“ ist weitergeschrieben: Religion, so meint man, sei Privatsache; den Glauben und seine Inhalte macht man mit sich selber aus.

Biblische Bilder für die Kirche
Das Wort „Kirche“ leitet sich aus dem griechischen „kyriake“, „dem Herrn gehörig“, ab. Im Neuen Testament steht der Begriff „Ekklesia“ (latinisiert: Ecclesia) für die Kirche, die christliche Gemeinde, die sich als von der Welt herausgerufenes Volk Gottes versteht, das sich in Jesu Namen versammelt.

Nach katholischem und orthodoxem Verständnis wurde die Kirche von Jesus bewusst eingesetzt und gestiftet. Ihre Quelle, aus der auch die Sakramente entspringen, ist die durch den Lanzenstich des römischen Soldaten geöffnete Seitenwunde, aus der Blut und Wasser fließen. Dieses Bild korrespondiert mit der Schöpfungsgeschichte: Jesus ist der neue Adam, der in das Reich des Todes hinabgestiegen ist und der Menschheit so einen Neubeginn ermöglicht hat.

Die Gegenwart Christi ist in der Kirche in den Sakramenten erfahrbar. Der Papst ist als Nachfolger des Apostels Petrus der eigentliche Bischof der Kirche. Nur in Verbindung mit ihm kann die bischöfliche Autorität in vollem Sinne ausgeübt werden.

Die aus der Reformation entwickelten kirchlichen Gemeinschaften lehnen insbesondere den letzten Punkt ab. Für sie ist Kirche die Versammlung der Gläubigen, bei welcher das Evangelium gepredigt und die Sakramente gereicht werden. Seit der Reformation wird die Unterscheidung zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche betont. Während die sichtbare Kirche durch ihre Strukturen und Traditionen erkennbar ist, ist in der unsichtbaren Kirche Jesus Christus wirklich gegenwärtig.

Wer nach Bildern und Beschreibungen von Kirche sucht, wird zunächst die Heilige Schrift und die Tradition der Kirche nach Metaphern befragen, die zur Sprache bringen, wie Kirche durch die Geschichte erlebt, erhofft, erlitten und erträumt wurde.

Die biblischen Texte beschreiben die Kirche als Acker, als Weinberg, als Zelt Gottes unter den Menschen, als makellose Braut, als Herde, als Gottes Bauwerk, als Stall, dessen Tür Christus ist u. a. Paulus vergleicht im Römerbrief die Kirche mit einem Ölbaum, dessen Wurzel das Volk Israel ist und dessen aufgepfropfte Zweige die Christen sind. Seine Mahnung, „Nicht du trägst die Wurzel, sondern die ­Wurzel trägt dich“ (Röm 11, 18), ist eine bleibende Herausforderung im Blick auf die Beziehungen zwischen Juden und Christen.

Noch wichtiger für das Selbstverständnis von Kirche durch die Geschichte ist das Bild vom Leib mit Christus als dem Haupt und den Gläubigen als dessen Gliedern, das uns in verschiedenen Varianten als ein zentraler Gedanke im Neuen Testament überliefert ist. Im Brief an die Kolosser schreibt Paulus: „Christus ist das Haupt des Leibes, der Leib aber ist die Kirche. Er ist der Ursprung, der Erstgeborene der Toten; so hat er in allem den Vorrang. Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen.“ (Kol 1, 18f.) Die Tradition entwickelte daraus das Bild der Kirche als „mystischer Leib Christi“ in einem dreifachen Sinn: Er umfasst die Gläubigen im Himmel (triumphierende Kirche), im Reinigungsort (Fegefeuer) und auf der Erde (streitende Kirche). Das Adjektiv „mystisch“ bezeichnet die geheimnisvolle Eigenart dieses Leibes im Unterschied zum geschichtlichen Leib Christi.

Diese Bilder sprechen geistliche Erfahrungen mit Kirche aus, die nur noch begrenzt von uns nachvollzogen werden können, jedoch für die Geschichte und das Selbstverständnis der Kirche seit der Frühzeit wichtig waren und sind.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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