Das Konzil wieder lesen | Teil 03
Was ist Offenbarung?

Schrift und Tradition: Die Tradition ist die Auslegung der Heiligen Schrift durch die Jahrhunderte. | Foto: KNA
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Die Heilige Schrift und die Heilige Überlieferung sollen beide mit „gleicher Liebe und Achtung angenommen und verehrt“ werden – sie bezeugen Gottes Offenbarung.

Bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde die Offenbarung vor allem als Information von Seiten Gottes verstanden. Demgegenüber versteht das Zweite Vatikanische Konzil die Offenbarung, gestützt auf die Heilige Schrift, als ein Offenbarungsgeschehen. Das heißt:

– die Offenbarung ergeht in Ereignissen, die Taten und Worte (zum Beispiel das Verhalten und die Predigt Jesu) umfassen;

– durch die Offenbarung offenbart Gott nicht in erster Linie irgendwelche Wahrheiten, sondern vor allem sich selbst;

– Ziel der Offenbarung ist nicht allein Wissen, sondern vor allem die Gemeinschaft mit Gott.

 

Schrift und Tradition

Weil die Offenbarung für alle Generationen der Kirche wichtig ist, muss sie in der Geschichte weitergegeben werden. Dazu braucht es einen umfassenden Zusammenhang von Instanzen, die den Glauben verbürgen. Diesen Zusammenhang nennt das Konzil die Weitergabe (transmissio) der Offenbarung. Sie umfasst die Heilige Schrift, Werke der Heiligen und der Theologen, Dokumente des Lehramtes, die Liturgie und die Praxis der Kirche usw. Man kann also sagen, dass die Weitergabe (transmissio) der Offenbarung sowohl durch die Heilige Schrift (scriptura) wie auch die Tradition (traditio) außerhalb der Heiligen Schrift erfolgt.

Die ganze Kirche trägt diesen Prozess der Weitergabe, ja sie ist in gewisser Weise mit diesem Prozess identisch. Deshalb sagt das Konzil, die Kirche führe „in Lehre, Leben und Kult durch die Zeiten weiter und übermittelt allen Geschlechtern alles, was sie selber ist, alles, was sie glaubt“.

Um das Verhältnis von Schrift und Tradition genauer zu bestimmen und zu verstehen, muss man in die Geschichte zurückgehen. Gegenüber den Protestanten hat die katholische Kirche auf dem Konzil von Trient (1545 bis 1563) festgehalten, dass die authentisch christliche Wahrheit und Lehre nicht allein in der Heiligen Schrift, sondern „in geschriebenen Büchern und ungeschriebenen Überlieferungen (traditiones) enthalten sind, die von den Aposteln aus dem Munde Christi selbst empfangen oder von den Aposteln selbst auf Diktat des Heiligen Geistes gleichsam von Hand zu Hand weitergegeben, bis auf uns gekommen sind“.

Schrift und Tradition sind aber nicht zwei „gleichwertige“ Quellen, in denen die Offenbarung gefunden werden kann. Das Zweite Vatikanum gibt der Heiligen Schrift den ersten Platz und sieht die Tradition nicht als eine Ergänzung der Heiligen Schrift, sondern als ihre Auslegung durch die Jahrhunderte. In diesem Sinn stellt das Konzil fest, die Kirche schöpfe „ihre Gewissheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Schrift allein“.

Weil es aber nicht nur um den authentischen Sinn der Heiligen Schrift, sondern auch der Tradition bzw. ihrer Dokumente geht, ist noch eine weitere Instanz mit Letztentscheidungsbefugnis notwendig: das kirchliche Lehramt. Daher stellt das Konzil gewissermaßen zusammenfassend fest: „Es zeigt sich also, dass die Heilige Überlieferung, die Heilige Schrift und das Lehramt der Kirche gemäß dem weisen Ratschluss Gottes so miteinander verknüpft und einander zugesellt sind, dass keines ohne die anderen besteht und dass alle zusammen, jedes auf seine Art, durch das Tun des einen Heiligen Geistes wirksam dem Heil der Seelen dienen.“

 

 

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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