Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 069
Wallfahrten

Vierbergelauf-Wallfahrt auf dem Magdalensberg in Kärnten. | Foto: wmc–Johann Jaritz cc 3.0
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Wallfahrten und Pilgerwesen

„Ich bin dann mal weg“, lautete der Titel des meistverkauften Buches des Jahres 2007. Hape Kerkeling erzählt darin teils flapsig, teils besinnlich von seiner Pilgerreise auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Groß ist die Sehnsucht der Menschen, aufzubrechen, Altes hinter sich zu lassen und neue Wege und Räume zu betreten, um Energie zu tanken und Inspiration und Ruhe zu finden. Man lernt die einfachen Dinge des Lebens neu zu schätzen, vergisst soziale Distanzen und erfährt Begegnung mit Menschen, die mit einem zum Ziel unterwegs sind. Die traditionellen Motive wie das Abtragen von Schuld und Sünde, die Bitte in einem besonderen Anliegen oder der Dank für die Heilung einer Krankheit oder für erfahrenen Schutz in schwierigen Situationen sind gegenüber Selbstfindungsmotiven in den Hintergrund geraten.

Das Pilgerwesen geht auf den Glauben zurück, dass an bestimmten Orten übernatürliche Mächte ihre Kräfte besonders entfalten. Im Judentum sind das die vier heiligen Städte Jerusalem, Hebron, Tiberias und Safed, im Islam Mekka, Medina und Jerusalem, im Hinduismus die „Stadt der Ewigkeit“, Varanasi am Ganges, und im Buddhismus Lumbini, Bodh Gaya, Sarnath und Kushinagar, Orte, die mit dem Leben Buddhas verbunden sind.

Als die drei wichtigsten Wallfahrtsorte der Christen gelten zunächst Jerusalem und das Heilige Land als Schauplatz der Ereignisse von Leben, Tod und Auferstehung Jesu. An zweiter Stelle folgt die Stadt Rom als Zentrumsort der westlichen Kirche mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus und drittens Santiago de Compostela mit dem Grab des Apostels Jakobus. Weitere zentrale christliche Wallfahrtsstätten sind Orte von Marienerscheinungen wie Guadalupe in Mexiko – mit rund zwanzig Millionen Pilgern im Jahr der am meisten besuchte Wallfahrtsort der Erde –, gefolgt von Lourdes in Frankreich, Fatima in Portugal oder dem kirchlich noch nicht anerkannten Medjugorje in Bosnien-Herzegowina. In Deutschland sind viel besuchte Wallfahrtsorte Altötting, Kevelaer, Fulda, Köln, Trier, Andechs, Aachen, in Österreich Mariazell, Gurk, Maria Plain, in der Schweiz Einsiedeln, Flüeli und Mariastein.

Christliche Wallfahrten in das Heilige Land sind seit dem 4. Jahr­hundert bezeugt. Ausgelöst wurde dies nicht zuletzt durch die Nachricht von der Auffindung des Heiligen Kreuzes durch Kaiserinmutter Helena in Jerusalem. Seinen Höhepunkt erfuhr das Wallfahrtswesen jedoch ab dem frühen Mittelalter, auch mit dem Anstieg der Reliquienverehrung. Häufig mit einem Gelübde und einem Ablass verbunden, galt eine Pilgerreise als herausragendes Zeugnis des Glaubens, auf der innere wie äußere Anfechtungen und Kämpfe zu bestehen waren. Das Beherbergen von Pilgern zählte zu den Werken der Barmherzigkeit, Übergriffe auf sie zogen hingegen schwerste Kirchenstrafen nach sich. Die mit Pilgerstab, langem Mantel, breitkrempigem Hut und Trinkflasche ausgestatteten Pilger durften die Dienste spezieller Hospize und Hospitäler in Anspruch nehmen, die zum Teil heute noch existieren.

Pilgerschaft („peregrinatio“, lat.: „über Land“) ist auch ein Bild für unser Leben als Ganzes. Ein Kirchenlied fasst es zusammen: „Wir sind nur Gast auf Erden / und wandern ohne Ruh / mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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