Religion am Ball. Fußballleuropameisterschaft 2016 | Teil 06
Stehen wir nun im Abseits?

Selber laufen heißt es wieder, nach der EM, die Gewinner hoch- und Fußball in der Alltagsssprache weiterleben lassen. Und sich nicht zurückpfeifen lassen. | Foto: CC/Ed Yourdon
  • Selber laufen heißt es wieder, nach der EM, die Gewinner hoch- und Fußball in der Alltagsssprache weiterleben lassen. Und sich nicht zurückpfeifen lassen.
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Noch wenige Stunden im Grunde, dann werden Fahnen, Wimpel, T-Shirts, ja Schuhe, Perücken und allerlei EM-Krimskrams in den Kasten, den Keller, sogar die Mülltonne gestopft. Die Supermärkte werfen EM-Artikel in Aktionsboxen, Motive von Fußbällen und Spielern verschwinden von den Chipspackungen, und große Nahrungsketten taufen ihre Burger wieder um. Die EM ist bald schon Geschichte. Am Ende bleibt: das Reden. Beruhigendes Zeugnis der Sprache des Fußballs. Haben Sie schon einmal bewusst auf unser Reden gehört?

Zum Abschied von der EM habe ich mir ein paar humorvolle Gedanken dazu gemacht: Müssen Sie, wie Ihre Mitspieler im Büro auch, nach der Pfeife Ihres Vorgesetzten tanzen? Oder konnten Sie sich schon freispielen und sind nur dem Ergebnis Ihrer Arbeit verpflichtet? Manchmal bieten sich ja Chancen im Leben. Wer es schafft, einen aufgelegten Elfer zu verwandeln, und das Glück hatte, dass niemand mauerte, wird sein Freispielen in einen Erfolg verwandeln.

Sie bemerken, das Leben ist ein Fußballspiel: Freigespielte müssen nur aufpassen, dass sie sich nicht ins Abseits stellen. Wenn Ihnen ein Freund einen Ball zuspielt, dann gilt es, die Chance zu nützen und sich nicht ein „Haxl stellen“ zu lassen. Fairness im beruflichen und privaten Leben heißt ja auch, nicht foul zu spielen, den Ehrenkodex zu wahren und auch das Nichtreglementierte zu beachten.

Fußballsprache, eine einzige Analogie auf unser Leben: Manchmal kommt es mir zupass, wenn eine Flanke auf mich trifft und ich durch geschickte Einwürfe in einem Gespräch sagen kann, „ja, wir sind gut aufgestellt“ (sofern wir nicht zurückgepfiffen werden und uns irgendwer durch seinen Flankenangriff die gelbe Karte zeigt). Das könnte ein entscheidender Moment werden. Könnte Anstoß für einen Gegenangriff sein. Damit wir die zweite Spielhälfte vielleicht doch noch für uns entscheiden und die Flankenoffensive ins Out drängen, vielleicht sogar auf die Ersatzbank. Damit hätten wir unseren Gegenspieler ausgespielt und müssten nichts überspielen.

Am Stammtisch würden wir davon erzählen, dass er „ka Leiberl“ gehabt hat. Und wenn es uns zu viel wird, dann nehmen wir uns einfach aus dem Spiel oder aber lassen uns bis zum Schlusspfiff nicht zurückpfeifen. Herrlich, diese Fußballsprache. Tief in unseren Alltag eingedrungen.

Am Ende also werden wir sprechen über unsere Fußballgötter. Wir werden die EM während der Grillabende des Sommes Revue passieren lassen und vielleicht die Siegermannschaft beklagen. Wir werden die Erinnerungsbücher kaufen oder die TV-Sendungen mit Interviews und Highlights aus der EM betrachten. Dann werden wir übergehen in unseren Alltag und Fußballsprache anwenden – auch dort, wo wir es nicht bemer
ken.

Und jetzt, jetzt schalten wir um, zur Leichtathletik-EM oder zu den Olympischen Spielen. Oder wir gehen selbst wieder joggen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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