Reformationsjubiläum. Serie zum Lutherjahr 2017 | Teil 02
Protestantisch – evangelisch

Gruppe von Reformatoren um Martin Luther, in der vorderen Reihe (v. l. n. r.): Johannes Forster, Georg Spalatin, Martin Luther, Johannes Bugenhagen, Erasmus von Rotterdam, Justus Jonas, Caspar Cruciger und Philipp Melanch-thon. | Foto: CC4.0/Avishai Teicher
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  • Gruppe von Reformatoren um Martin Luther, in der vorderen Reihe (v. l. n. r.): Johannes Forster, Georg Spalatin, Martin Luther, Johannes Bugenhagen, Erasmus von Rotterdam, Justus Jonas, Caspar Cruciger und Philipp Melanch-thon.
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Zu den „protestantischen Kirchen“ zählen aber auch die vorreformatorischen Kirchen der Waldenser oder der Hussiten, die sich später der Reformation angeschlossen haben. Sie führen in ihrer Selbstbezeichnung häufig das Wort „evangelisch“, wobei „protestant“ oder „protestante“ im englischen und französischen Sprachraum als Synonyme verwendet werden, da man unter „evangelical“ zumeist nicht „evangelisch“, sondern „evangelikal“ versteht. Die Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) – ehemals Leuenberger Kirchengemeinschaft genannt – heißt im Englischen „Community of Protestant Churches in Europe“. Ihr gehören heute mehr als 100 protestantische Kirchen an, lutherische, reformierte, unierte und methodistische Kirchen, die Waldenserkirche in Italien sowie die Tschechoslowakische Hussitische Kirche. Manche von ihnen sind ehemalige Staatskirchen oder Volkskirchen mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, andere, wie die Baptisten und die Methodisten, rechnen sich zur freikirchlichen Tradition.

Eine Sonderstellung nimmt die aus der Church of England hervorgegangene Anglikanische Kirchengemeinschaft ein, die sich als via media und Brücke zwischen Protestantismus und Katholizismus versteht. Offen sind die Grenzen zu den Pfingstkirchen und zur charismatischen Bewegung.

Es ist weiter zu beachten, dass Protestantismus nicht einfach mit der Gesamtheit protestantischer Kirchen gleichzusetzen ist. Der Protestantismus als religiöse und kulturelle Größe reicht über die Grenzen bestehender Kirchen hinaus.

Die Bezeichnung „Protestanten“ für die Anhänger der Reformation geht auf die Protestation der evangelischen Stände vom 19. April 1529 auf dem 2. Reichstag zu Speyer zurück. Die katholischen Stände hatten sich auf ein tatkräftiges Vorgehen gegen die Evangelischen geeinigt und beschlossen die Aufhebung des Speyrer Abschieds von 1526, der die Durchführung der Reformation begünstigte. Sechs Fürsten und vierzehn oberdeutsche Städte legten dagegen in einer feierlichen Protestation Widerspruch ein. Diese trug ihnen bei ihren katholischen Gegnern den Namen „Protestanten“ ein.

Erst im 17. Jahrhundert wurde es üblich, in einem neutralen Sinne das reformatorische Christentum als „protestantische Religion“ oder als „protestantische Kirche“ zu bezeichnen. Im 18. Jahrhundert entstand schließlich der substantivische Begriff „Protestantismus“, der seine Bedeutung im Zusammenhang mit der sowohl von der Aufklärung (Rationalismus) als auch vom Pietismus an der sogenannten altprotestantischen Orthodoxie geübten Kritik gewann.

Wenn man von reformatorischen Kirchen spricht, ist zu beachten, dass die Bezeichnung Reformation erst seit dem 19. Jahrhundert als Epochenbegriff verwendet wird. Die Reformatoren des 16. Jahrhunderts haben den Reformationsbegriff auffallend zurückhaltend gebraucht. Das Werk Martin Luthers (1483–1546) ist offenbar überhaupt erstmals 1688 von Veit Ludwig v. Seckendorf (1626–1692) als „Reformation“ bezeichnet worden.

[p]Aus: Ulrich H. J. Körtner, Das Evangelium der Freiheit. Wien: epv 2017.

Hermann Miklas

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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