Ketzer - Unruhestifter des Glaubens | Teil 05
Peter Abaelard – ein verurteilter Vater der Scholastik

Abaelard und Heloise im Gespräch. Miniatur aus einer alten Handschrift des „Roman de la Rose“ im Musée de Chantilly (14. Jh.).  | Foto: wmc
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  • Abaelard und Heloise im Gespräch. Miniatur aus einer alten Handschrift des „Roman de la Rose“ im Musée de Chantilly (14. Jh.).
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Als Sohn einer adeligen Rittersfamilie bei Nantes geboren, studierte Abaelard bei den Magistern seiner Zeit und wurde selbst bald ein bekannter Lehrer der Philosophie. Er gründete auf dem Berg Sainte Geneviève in Paris seine eigene Philosophenschule und lehrte an der Kathedralschule von Notre-Dame. Der brillante Denker zog Scharen von Hörern an. Mit seiner streitbaren Haltung machte er sich allerdings auch zahlreiche Feinde.


Das berühmteste Liebespaar des Mittelalters

Aufsehen erregte er zudem mit seiner dramatischen Liebesgeschichte. Um 1115 kam Abaelard in das Haus des Pariser Kanonikers Fulbert, um als Privatlehrer dessen bereits hochgebildete Nichte Heloise zu unterrichten. Bald waren die schöne junge Frau und ihr Lehrer eine „Herzensgemeinschaft“. Als Heloise schwanger war, brachte Abaelard sie in seine bretonische Heimat, wo ihr Sohn zur Welt kam. Er wurde Abaelards Schwester anvertraut. Das Liebespaar heiratete heimlich, Abaelard wollte seinen Ruf nicht gefährden. Dann veranlasste Abaelard Heloise, in ein Kloster zu gehen. Der Onkel fühlte sich verraten und ließ Abaelard überfallen und entmannen. Daraufhin wurde Abaelard Mönch.

Vorgeladen und verurteilt

Abaelard wandte die Vernunft auch in Glaubensfragen an. Das war manchen Zeitgenossen verdächtig. Bei der Synode von Soissons 1121 war die Bevölkerung vor einem Irrlehrer gewarnt worden und warf ihm Steine nach. Abaelard musste seine Abhandlung über den dreieinen Gott eigenhändig ins Feuer werfen.

Der Konflikt mit Bernhard von Clairvaux

Seinen größten Gegner hatte Abaelard in Bernhard von Clairvaux, dem kirchenpolitisch gewieften Erneuerer des Mönchtums.

Abaelard war der berühmteste Philosoph seiner Zeit, Bernhard der Prediger, auf den man am meisten hörte. Beim Konzil von Sens 1140 wurde Abaelard auf Betreiben Bernhards hin verurteilt. Abaelard hatte die Versammlung als ein öffentliches Podium für das theologische Rededuell des Jahrhunderts zwischen ihm und Bernhard von Clairvaux nutzen wollen.

Es kam nicht dazu, es gab keine Disputation, sondern ein Gericht. Nach einer zeitgenössischen Schilderung betranken sich die Bischöfe in Sens, während lauthals aus Abaelards Werk vorgelesen wurde.

Letzte Jahre

Dann war Abaelard ein gebrochener Mann. Der Abt von Cluny, Peter der Ehrwürdige (Petrus Venerabilis), gewährte ihm freundlich Unterschlupf. Er bewirkte eine formelle Versöhnung mit Bernhard und die Lösung vom Kirchenbann. Abaelard starb bald da-rauf. Die Äbtissin Heloise erbat seinen Leichnam, der in ihrem Kloster bestattet wurde. 22 Jahre später folgte sie Abaelard in dasselbe 
Grab.

Abaelard und Heloise im Gespräch. Miniatur aus einer alten Handschrift des „Roman de la Rose“ im Musée de Chantilly (14. Jh.).  | Foto: wmc
Abaelard, Zeichnung aus dem 
17. Jh., Oxforder Ms. Queen’s College 284. Erstmals in der Abaelardedition von 1988 (hg. von Ursula Niggli) reproduziert.
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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