Wege entstehen im Gehen | Teil 03
Mit Langsam-Gehen kommt man auch ans Ziel

Foto: Gerd Neuhold

Das Highlight war für mich schon immer Mariazell.“ 30 Mal hat er die Tour bisher gemacht, wobei es in manchen Jahren nicht nur einmal war. Seit 2017 ist Karl Paar, mittlerweile 58, nun offizieller Pilgerbegleiter. Die Ausbildung dafür dauert ein halbes Jahr, geht über das Katholische Bildungswerk und umfasst die unterschiedlichsten Gebiete: Navigation, Koordination, Andachten und Fürbitten.

„Beim Gehen hat man genug Zeit zum Reden, aber bergauf fehlt manchmal dann doch die Luft. Man muss aber freilich keinen Rekord aufstellen“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. „Denn das Gipfelkreuz steht ein bisschen später ja auch noch da.“ Und natürlich etwas, das viele Wanderer merken: „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Ausrüstung.“ Kann man nicht oft genug betonen. Wie weit kann ich noch gehen, fragt man sich schon manchmal. Jeder Schritt zählt.

Insgesamt schaut man als Begleiter dann darauf, die Gruppe eben zusammenzuhalten, damit sich alle tempomäßig aufeinander einstellen. „Es dauert, bis die Leute den Takt finden.“ Es gebe Zeiten, wo sich die interessantesten Gespräche ergeben, und andere, wo man nichts redet. Dann kommt man in Kontakt mit sich selbst.

Und überlegt vielleicht, wo gehe ich hin, und was trage ich mit. Manchmal geht es von allein, wo man im Gehen ruhig wird und „mit sich selbst zu tun bekommt“. Etwas besonders Wertvolles, das sehr viele Menschen zu schätzen wissen. Etwas, was speziell das Gehen in der Natur mit sich bringt. Die Menschen kommen dann aber auch sehr oft ins Gespräch. Es entstehen richtige Freundschaften, die auch länger anhalten.

Gelernt hat der mit seiner Familie in Weinitzen Lebende ursprünglich Einzelhandelskaufmann und war dann ziemlich hektisch im Außendienst tätig. In der Pfarre hat er schon damals mitgearbeitet und ist nun in der Diözese tätig (Kirchenbeitragsorganisation). Diese Arbeit bringe eine Entschleunigung mit sich, die für das Familienleben genau richtig sei. Das hat alles gut zusammengepasst und die Ausbildung zum Pilgerbegleiter, „wie man mit Leuten ans Ziel kommt“, auch.

Neben großen Touren wie Mariazell interessieren ihn auch immer mehr kleinere Wege, kleinere Berge. „Es ist erstaunlich, wie viele Marienwallfahrtsorte es in der Steiermark gibt.“ Auch hier sei das Interesse der Menschen groß. Neben dem Gehen betreibt Karl Paar mittlerweile auch Pilgern mit dem Fahrrad. Sein „Hobby“, eben das, wofür die Hälfte des Urlaubs draufgeht.

Sehr viele Marienbilder gibt es auf dem Weg, Wegkreuze oder etwas anderes, worauf man aufmerksam machen kann. Und erstaunlich: Auch nichtreligiöse Menschen verlangen dann in der Früh schon nach einer Andacht, nach einer Bibelstelle, nach einem Gebet zum Essen. Auch wenn einem das vielleicht unwahrscheinlich vorkomme: Jeder mache sich eben seine Gedanken, komme zur Ruhe und nehme sich etwas mit.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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