800 Jahre Diözese Graz-Seckau | Teil 16
Liturgiepraxis im Wandel

Peterskirche St. Lambrecht. Darstellung des Letzten Abendmahls. Die Eucharistie stand bei allem Wandel immer im Zentrum des liturgischen Feierns. | Foto: Neuhold
  • Peterskirche St. Lambrecht. Darstellung des Letzten Abendmahls. Die Eucharistie stand bei allem Wandel immer im Zentrum des liturgischen Feierns.
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Im Spätmittelalter gab es eine Vielzahl an Messen, die in den Kirchen eines Ortes und oft gleichzeitig an den Altären in demselben Gotteshaus gefeiert wurden. Dabei unterschied man die „öffentliche Messe“ am Sonntag als eine vollständig gesungene Messe mit rituellen Besonderheiten von jenen Messen, die aus unterschiedlichen Anlässen gefeiert und nur teilweise gesungen, meist aber „gelesen“ wurden („stille Messe“). Häufig waren auch Totenmessen, die aufgrund einer Stiftung oder einer Geldspende (Messstipendium) gehalten wurden, sowie die Votivmessen, von denen man sich Hilfe in Lebenssituationen oder Heil für die eigene Seele oder die Verstorbenen erwartete.

Für die Gläubigen bildete die Elevation (Erhebung von Hostie und Kelch bei der Wandlung) den Höhepunkt der Messe. Es gab besondere Kommuniontage. Das IV. Laterankonzil von 1215 verpflichtete die Gläubigen zur Osterkommunion. Die Predigt wurde sonn- und feiertags außerhalb der Messe gehalten, meist vor dem Hauptgottesdienst.

Das Stundengebet war auch in den Pfarren ein fixer Bestandteil des öffentlichen Gottesdienstes. Unter anderem wurde dort an den Sonn- und Feiertagen die Vesper gesungen. Die Karwoche und Ostern wurden im Mittelalter mit einer Vielzahl an Feiern begangen und dramatisch gestaltet, wobei sich auch die Laien intensiv beteiligten. Im Spätmittelalter lag der Höhepunkt der Osterfeier am Ostermorgen. Nach der Matutin und Laudes wurde das liturgische Osterspiel abgehalten, die „visitatio sepulcri“, an welchem sich die Laien beteiligten. Dabei wurde der Gang der drei Frauen zum Grab, der Dialog mit dem Engel am Grab und der Lauf der Apostel Petrus und Johannes zum Grab nach Joh 20 nachgeahmt. Am Ende des Osterspiels wurde das älteste deutschsprachige Osterlied „Christ ist erstanden“ gesungen, das seinen Ursprung in der Salzburger Kirchenprovinz hat.

Konzil von Trient. Zu einer auf Rom ausgerichteten Liturgie kam es mit dem Konzil von Trient (1545–1563). Im Zentrum des pfarrlichen Gottesdienstes stand zwar weiterhin die Messe, jedoch wurde die Zahl der Messfeiern – im Vergleich mit dem Spätmittelalter – deutlich verringert. Mit Aberglauben verbundene Praktiken, bestimmte Votivmessen und Messreihen wurden abgeschafft. Für den Ritus der Messe wurde das „Missale Romanum“ aus dem Jahre 1570 vorgeschrieben, das in der Form bis 1962 in Kraft war.

In der Barockzeit erhielt der Kirchenraum mit dem Tabernakel als Ort der dauerhaften Präsenz Christi in der Eucharistie eine neue Ausrichtung. Der mittelalterliche Lettner verschwand vielfach. Die Kommunionbank trennte Altarraum und Laienraum.

Die aktive (körperliche) Beteiligung der Gläubigen an der Messe ging deutlich zurück. Die Gläubigen wurden angeleitet, während der Klerusliturgie den Rosenkranz zu beten sowie Gebete und Andachten zu verrichten, oft unabhängig von den rituellen Handlungen der Messe.

Seit der Frühen Neuzeit wurde die Tagzeitenliturgie zu einem individuellen, nur mehr für den Priester obligatorischen Gebet (außer in den Klöstern, wo das gemeinsame Chorgebet verrichtet wurde). Hingegen nahm die Anzahl der Andachten in den Pfarrkirchen auffallend zu – vor allem jener mit eucharistischer und marianischer Ausrichtung. Mit den meisten Andachten war der eucharistische Segen verbunden.

Einen Wandel in der öffentlichen Wahrnehmung erfuhr das Osterfest. Im Vergleich mit dem Mittelalter ging die dramatische Gestaltung der Feiern vom Palmsonntag bis zur Osternacht deutlich zurück und wurde, abgesehen von der Palmprozession, „zur reinen Klerusliturgie ohne erhebliche Teilnahme der Laien“ (Reinhard Meßner).

Den gottesdienstlichen Fokus des Osterfestes für Laien bildete die „Auferstehungsfeier“ bzw. das Hochamt am Ostersonntag. Im Sinne der barocken Frömmigkeit wurde das Heilige Grab prächtig geschmückt: Wie schon im Spätmittelalter wurde darin eine verhüllte Monstranz aufgestellt und die Grabwache bis zur Auferstehungsfeier gehalten. Letztere fand am Karsamstagabend oder am Morgen des Ostersonntags statt. 

[p]In der Volksfrömmigkeit, insbesondere in der Steiermark und in Kärnten, ist die Osterspeisensegnung (im Volksmund „Fleischweihe“ genannt) am Karsamstag stark verwurzelt. Diese wird in zahlreichen Kirchen und Kapellen, an Bildstöcken und mitten in der Natur vorgenommen und ist weit über den Kreis der regelmäßigen Kirchgänger beliebt.

Michaela Sohn-Kronthaler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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