Gerecht leben - Fleisch fasten. 2015 | Teil 05
Leben, das leben will, inmitten von Leben

Das Bild einer versöhnten Schöpfung zeichnet Jesaja 11,6: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten.“ | Foto: Jacqueline Molnár
  • Das Bild einer versöhnten Schöpfung zeichnet Jesaja 11,6: „Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten.“
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Der aus der Schweiz stammende Kapuzinerpater Anton Rotzetter ist Mitbegründer einer einzigartigen Einrichtung: des Instituts für „theologische Zoologie“ an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Münster. Seit etwa 15 Jahren beschäftigt sich der „Franziskus-Kenner“ intensiv mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Das Institut für theologische Zoologie hat sich zum Ziel gesetzt, „das Verhältnis des Menschen zum Tier als Brennpunkt der Theologie und als Vollzug einer schöpfungsgemäßen Spiritualität zu erarbeiten und ins kirchliche und öffentliche Bewusstsein zu transportieren.“

Auf Einladung des Arbeitskreises Nachhaltigkeit und der Initiative „Gerecht leben – Fleisch fasten“ kam P. Rotzetter kürzlich zu einem Vortrag nach Graz. Während den Tieren im Mittelalter noch eine Seele zugesprochen wurde, betrachtete man im Gefolge von René Descartes das Tier als reine Maschine. Eine auf den Menschen hin orientierte Moral rückt den Mensch selbst ins Zentrum und bezieht alles auf den Menschen. Dies führte, so Rotzetter, bei Immanuel Kant schließlich zur Auffassung, dass Tieren, ja der Schöpfung gegenüber keine direkte Moral nötig sei.

Seit einigen Jahrzehnten vollziehe sich in Gesellschaft, in Natur- und Geisteswissenschaften ein Paradigmenwechsel hin zu einer Würdigung des Tieres. Dazu trage auch die „Biosemiotik“ bei, die „Freiheit“ und „Wahl“ schon in den kleinsten Einheiten der Schöpfung ortet. Auch in der Philosophie werden neue Erkenntnisse hinsichtlich der Würde des Tieres gewonnen: Tiere haben ein Interesse daran, (gut) zu leben und Nachkommen zu haben. Das Tier wird als eigenes „Subjekt“ wahrgenommen.

Das biblische Denken vom Geschöpf als Einheit von Körper und Seele hat immer auch einen achtsamen Umgang mit dem Tier vor Augen. Der Arzt und Theologe Albert Schweitzer etwa hat die Würde des Tieres dem Grundanliegen von Leben überhaupt zugeordnet: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“

P. Anton Rotzetter erinnert auch an die Anliegen einer vatikanischen Theologenkommision aus dem Jahre 2004. Wir sollten die natürliche Umwelt so sehen, wie Gott sie sieht, als „Raum personaler Gemeinschaft“, in dem wir auch Verantwortung für Tiere haben. Der Schöpfung, den Tieren gegenüber sollten wir eine „eucharistische Haltung“ einnehmen.

Der Kapuziner wünscht sich, ganz im Sinne des heiligen Franziskus, ein schöpfungstheologisches Nachdenken, das den Menschen nicht als „vom Himmel gefallen“ sieht. „Es braucht eine vertiefte Reflexion der unleugbaren Verwandtschaft von Mensch und Tier.“ In Anlehnung an das biblische Bild von der Arche sollte die Kirche Hüterin des Lebens sein, „denn gerettet sind wir nur gemeinsam mit allen, die unter dem Regenbogen stehen“.

Elisabeth Fritzl

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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