Oldies but Goldies | Teil 01
Keine Berührungsängste vor runzliger Haut

Foto: Franz Josef Rupprecht

 

Sie wisse noch, wie sie das Haus der Barmherzigkeit in Graz umkreist habe, erzählt Frau Diplomkaufmann Franziska Linzbichler. „Soll ich, soll ich nicht?“, habe sie überlegt und habe sich dann doch hineingetraut. Gleich sei sie einer Schwester im Alten- und Pflegeheim in die Arme gelaufen. „Schau, da kommt gerade eine sehr einsame Bewohnerin; nach einer Augenoperation ist sie zu uns gekommen und sehr einsam“, hörte Linzbichler. Sie wurde die Ansprechperson der alten Frau, doch am Abend ging sie bereits „mit drei Schicksalen nach Hause“.

Eine kleine Sonntagsblatt-Serie blickt hinter die Kulissen und hinter die oft traurig scheinenden Augen von Bewohnern in Alters- und Pflegeheimen. Nicht um die „jungen“ Alten gehe es, die eine gefragte Zielgruppe von Bildungsangeboten, Reisen und Konsum seien, legt Elisabeth Stepanek dar. Die diplomierte Pastoralassistentin ist im Pastoralamt seit einem Jahr Referentin für Heimseelsorge. Auf das „vierte Lebensalter“ lenkt sie den Blick, jene Menschen, die „das Leben nicht mehr selber bewältigen können“. Viele leben lange Zeit im Pflegeheim. „Die Leute sind sehr einsam und warten“, skizziert Stepanek das „Problem“. Worauf warten sie? Auf Menschen wie Frau Linzbichler. Ihrem Vater wurde in der Pension als Spätfolge des Krieges ein Bein amputiert. So holte sie ihn und die Mutter von Wien nach Graz. Bald hatte sie beide Eltern zu pflegen, die Mutter, einst mit einem „Gedächtnis wie einem Lexikon“ gesegnet, wurde so dement, dass sie in ihren letzten drei Lebensjahren ihre Tochter gar nicht mehr erkannte.

Nach dem Tod ihrer Eltern hatte Franziska Linzbichler „Einblick ins Leben alter Leute“. Für sie war das der Anfang unzähliger Besuche in mehreren Altersheimen. Gern würde sie Kinder und Jugendliche zu ihren Treffen oder zum Mitsingen bei einem Gottesdienst und danach in die Cafeteria mitnehmen. „Wunderschön“ sei es, sich Zeit zu nehmen und mit alten Leuten zu reden, strahlt die ehemalige Chefin des Süßwarengeschäftes am Grazer Franziskanerplatz.

Besuchern die Schwellenangst zu nehmen, dazu will auch Elisabeth Stepanek beitragen. Um verbindliche Begleitung gehe es, nicht nur um punktuelle Besuche im Heim.

Warum eine Serie über alte Leute den Titel „Oldies but Goldies“ trägt, so wie manch „betagte“ Schallplatte der Beatles „alte, aber goldene“ Lieder vereinigt? Trotz aller Mühsal soll auch das Schöne, Erlöste am Alter durchklingen. Papst Johannes Paul II. lobte im November 1980 in München die alten Menschen: „Ihr seid ein Schatz für die Kirche! Ihr seid ein Segen für die Welt!“ Das Alter verdiene „unsere Ehrfurcht“. Er ergänzte aber: „Nehmt wahr eure Würde! Nehmt an eure Bürde!“ Über die Bürde lesen Sie nächste Woche mehr.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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