Arbeitsplatz Kirche | Teil 01
Karoline Gartner-Moser

Intensiv anwesend für Gespräche ohne Maske

Beflegelt sei sie noch nie worden. Unmut und Empörung merke sie zwar, bemerkt Magistra Karoline Gartner-Moser. Doch eher spüre sie derzeit „ein Zusammenrücken derjenigen, die sich überlegt haben, warum sie in der Kirche sind“.

Von jemandem gefragt, was sie tue, antwortet Gartner-Moser direkt: „Seelsorgerin in der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz.“ Das müsse „etwas ganz Schreckliches und Hartes sein“, glauben dann viele. Die Theo­login: „Das Gegenteil ist der Fall.“ Sie wolle psychische Krankheiten keinesfalls idealisieren. Mancher komme „nicht mehr recht heraus aus dem Leid“. Schreckliche frühe Ge-
walterfahrungen „rauben ihm die Kraft, das Leben anzupacken“. Doch „wenn ein Mensch schreiend oder weinend durch das Gelände läuft“, komme ihr das manchmal normaler vor als das „Gerade“ und „Starre“.

Seelsorge heißt für die Oststeirerin, die auch die Patientenzeitschrift „GNU“ leitet: „Einfach und klar sprechen. Menschen auf dem Weg begleiten. Dabei sein. Sich im richtigen Moment zurückziehen. Immer schauen, dass ich bei Kräften bleibe, um wirklich anwesend sein zu können.“ Wenn Patientinnen und Patienten schöpferisch für das „GNU“ schreiben und malen, wirke eine „göttliche Kraft“.

In der derzeitigen Kirchenkrise helfe neben einem ehrlichen Blick auf die unheilvollen Verstrickungen von Kirche und Sexualität auch der Blick auf die Mystik. Die „christlichen Schätze“ sollen wir herzeigen, rät Gartner-Moser, den „großen Strom heilsamer, wohltuender und anregender Texte“. Sie führen in die „unmittelbare Gotteserfahrung“.

Ihre Begabung sei es nicht, „in einer Pfarre zu schauen, dass das Werkl läuft“, merkte die Pastoralassistentin. Ihre Hauptarbeit sind jetzt intensive Gespräche „ohne Maske“. Von den Patientinnen und Patienten mitgestaltete Wortgottesdienste erlebt sie als „Ort der Kreativität und der Freiheit“. Doch auch Trauerbegleitung leistet sie, etwa wenn ein Bewohner nicht zum Begräbnis eines Angehörigen daheim gehen kann.

„Religiös musikalisch“ sei sie aufgewachsen, erzählt Karoline Gartner-Moser. Zugleich habe sie die „männliche unhinterfragte Macht“ in der Kirche abgestoßen. Um zu wissen, was dahintersteckt, habe sie Theologie studiert. Als feministische Theologin will sie auch heute „wieder aufspüren, dass die frühe Jesusbewegung deswegen so anziehend für Frauen war, weil sie gleichwertig behandelt wurden“.

Die Hobbygärtnerin ist mit dem Physiker DI Markus Moser verheiratet. Ihre Kinder, zwischen 13 und fünf Jahre, heißen Lorenz, Thetwif (eine Frau „aus kämpferischem Volk“), Koloman und Malte.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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