Bei uns daheim | Teil 05
Aufgewachsen in der Slowakei

Brücken bauen kann gelingen. Agnes Truger bei der Moderation einer Veranstaltung von Welthaus. | Foto: Ernst Zerche
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Ich habe jetzt eben zwei Heimaten

Ich bin eigentlich eher mit Kreisky und Sinowatz aufgewachsen als mit Husak und Breschnjew“, erinnert sich Agnes Truger lachend. In ihrer Kinder- und Jugendzeit in Trnava konnte man dort im Westen der Slowakei immer den ORF empfangen, und „halb acht Uhr abends, wenn die Zeit im Bild Eins begann“, galt in ihrer Familie als „heilige Zeit“. Der heutige, noch recht junge Staat Slowakei ist für sie eigentlich eher fremd.

„Aber es ist schön, wenn man zwei Heimaten hat.“ Für die Slowaken sei es hier in Österreich vom Grundgefühl her doch ein bisschen anders als daheim, „alles so schön und so aufgeräumt“, meint sie. Was die Slowakei heute betrifft: „Es ist spannend zu beobachten, wie sich der Staat binnen kürzester Zeit in der freien Marktwirtschaft orientiert hat.“ Nach Österreich gekommen ist die im Jahr 1964 Geborene 1984, nachdem sie auf einer Reise ihren Mann, aus Graz stammend, kennen gelernt hat.

Dolmetschen zu studieren – am Grazer Dolmetschinstitut – war für sie danach beinahe eine logische Entscheidung, konnte sie doch mit ihren umfangreichen Sprachkenntnissen punkten, die sie aus der Slowakei mitgebracht hatte: Slowakisch, Russisch, Ungarisch, Tschechisch.

Verständigung kann gelingen. Das große Interesse für die bessere Verständigung zwischen den Völkern war für sie immer selbstverständlich. In irgendeiner Art und Weise, auch wenn das heute nicht mehr so präsent ist, sei die Verbindung aus der alten österreichisch-ungarischen Monarchie eben auch heute noch immer lebendig geblieben. Ähnlich wäre auch, dass Österreicher und Slowaken die Vorstellung teilen würden, dass ihr Land so klein sei. „Trotzdem ist die Slowakei für die Österreicher eigentlich ein eher unbekanntes Nachbarland.“ Als Fremdenführerin begleitete sie jahrelang Gruppen und Delegationen durch Graz. Immer wieder leitete sie auch Reisen in die Slowakei.

Seit 1996 arbeitet Agnes Truger im „Welthaus“ der Diözese Graz-Seckau und ist dort verantwortlich für Projekte in Südosteuropa. Diese Verbindungsarbeit hatte sie schon vorher mit einem kleinen Stundenkontingent im Osteuropabüro der Diözese begonnen. „Ich las damals eine kurze Notiz in der Zeitung und fand es wichtig, dass die Kirche auch auf die Veränderungen, die es dort gibt, reagiert.“ Es gelte momentan, Projekte in der Ukraine zu unterstützen und in der angespannten Situation im Osten humanitäre Hilfe zu organisieren. Weiters sind Romaprojekte in der Slowakei wesentlich: „Es geht einfach darum, dass alle Menschen in Europa eine Überlebenschance haben.“ Auch wenn das selbstverständlich klingt, sei es eben nicht so. Zuständig ist Agnes Truger außerdem für den Themenkomplex Religionsfreiheit. Zusätzlich betreut sie das Sekretariat von Pro Oriente.

Heimaten finden. Wirklich zu Hause fühlt sie sich seit 20 Jahren in der Pfarre Graz-St. Peter, wo sie ehrenamtlich unter anderem auch in der Katholischen Frauenbewegung mitarbeitet: „Ja, ich wurde dort wirklich aufgenommen, das hat mir sehr geholfen.“ Ein Platz zum Herunterkommen von der allgemeinen Hektik, ein Refugium, gibt es immer noch in der alten Heimat. „Wir haben heute ein Ferienhaus in der Mittelslowakei, und dort merke ich dann schon, dass ich wirklich abschalten kann.“ Dort sei für sie der Platz, wo sie sich völlig aus allen anderen Bereichen des oft stressigen Berufslebens ausklinken könne. „Da ist die große Welt dann einfach weit weg, und das empfinde ich wirklich als sehr angenehm.“ Da könne sie ganz wegschalten und wirklich auftanken und nicht weit weg – schließlich sei es von Graz aus näher in die Slowakei als nach Tirol.

Brücken bauen kann gelingen. Agnes Truger bei der Moderation einer Veranstaltung von Welthaus. | Foto: Ernst Zerche
Projektpartner rund um die Welt. Immer im Gespräch, um Menschen zusammenzubringen. Hier mit Jesuitenpater Sebastian Painadath aus Indien. | Foto: Ernst Zerche, Welthaus Graz
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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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