Not ist grenzenlos | Teil 03
Hilfe für Ältere und Bedürftige

Bosnien

An einer Tankstelle vor Prnjavor, ca. eine Stunde von Banja Luka entfernt, treffen wir uns mit den Schwestern der Mobilen Hauskrankenpflege der Caritas Banja Luka. Wir folgen dem roten Golf, der uns aus Prnjavor hinaus zur ersten Patientin Emilia M. führt. Die 91-Jährige wohnt mit ihrem Sohn in einem kleinen Haus. Sie ist seit einem Schlaganfall vor sieben Jahren bettlägerig und wird seitdem von ihrem arbeitslosen Sohn gepflegt.

Die Freude über den Besuch der beiden Schwestern Elizabeta und Lidija steht Emilia M. ins Gesicht geschrieben. Sie umarmt die beiden herzlich, küsst sie und umarmt sie aufs Neue. Verschmitzt sagt sie zu den Schwestern, dass sie sie in ihrem Zimmer einsperren werde, damit sie immer bei ihr blieben. Lidija und Elizabeta scherzen und unterhalten sich mit Emilia M., während sie den Blutdruck messen, die Medikation überprüfen und das mitgebrachte Essen auspacken. Die Atmosphäre ist sehr herzlich.

Ihr Sohn Boris M. erzählt uns, seine Mutter erhalte 100 Euro Pension. Da er arbeitslos sei, bekomme er nur 20 Euro Sozialhilfe. Die von der Ärztin verschriebenen Medikamente kosten allein rund 50 Euro im Monat. Wir fragen ihn, wie man davon leben könne. Boris M. erklärt, dass vieles - Eier, Obst, Gemüse und Holz - aus dem
eigenen Garten komme. Bei den teureren Medikamenten müsse seine Mutter sparen, anstatt der drei verschriebenen Tabletten täglich müsse eine reichen.

Die 78-jährige Witwe Gozdana P. wartet bereits im Garten auf uns. Sie ist seit einem Schlaganfall halbseitig gelähmt. Die Schwestern unterstützen sie auch im Haushalt. Heute füllen die beiden Schwestern das Brennholz nach, denn das schafft Gozdana P. allein nicht mehr. Stolz zeigt sie uns die von ihr für den Winter gesammelten Kieferzapfen, die sie als Anzünder für den Ofen benutzt.

Die Mobile Hauskrankenpflege der Caritas Banja Luka versorgt in Prnjavor 26 Personen, aber Bedarf hätten viel mehr. 15 Prozent der Gesamtbevölkerung Bosniens und Herzegowinas sind 65 Jahre und älter. Es gibt zu wenig Seniorenwohnheime, und die Wartelisten sind lang. Die Nachwirkungen des Krieges sind bis heute spürbar. Laut
Verbraucherschutz verfügen 40 Prozent der Bosnier über kein ausreichendes Einkommen, um den Bedarf an Nahrungsmitteln zu decken. Medikamente sind unerschwinglich! Besonders schwierig ist die Situation älterer Menschen, die in entlegenen Dörfern leben, ohne Angehörige oder Nachbarn, ohne Verkehrsanbindung, ohne Wasser und Strom.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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