Interview mit Paulus | Teil 02
Grenzgänger zweier Welten

Foto: Harald Oppitz, © 2009 KNA-Bild

Heiliger Paulus, als jüdischer Schriftgelehrter und römischer Bürger sind Sie in zwei Welten beheimatet. Welche Möglichkeiten haben sich für Sie daraus eröffnet?
Den Juden bin ich ein Jude geworden, um Juden zu gewinnen. Den Gesetzlosen war ich sozusagen ein Gesetzloser – nicht als ein Gesetzloser vor Gott, sondern gebunden an das Gesetz Christi – um die Gesetzlosen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten. (1 Kor 9,20f.)

Worin unterscheiden sich beide Kulturkreise voneinander und vom Christentum?
Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit. (1 Kor 1,22–24

Auch heute sind Christen und die Kirche mit Gleichgültigkeit, Unverständnis oder gar verärgerter Ablehnung konfrontiert.
Doch müsst ihr unerschütterlich und unbeugsam am Glauben festhalten und dürft euch nicht von der Hoffnung abbringen lassen, die euch das Evangelium schenkt. (Kol 1,23) Hat Gott nicht die Weisheit der Welt als Torheit entlarvt? (1 Kor 1,20)

Was empfehlen Sie heutigen Christen?
Gebt acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich auf die Elementarmächte der Welt, nicht auf Christus berufen. Denn in ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes. (Kol 2,8–9) Fragt euch selbst, ob ihr im Glauben seid, prüft euch selbst! Erfahrt ihr nicht an euch selbst, dass Christus Jesus in euch ist? (2 Kor 13,5) Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt. (1 Petr 3,15–16)

Moment, hat nicht Letzteres Petrus gesagt?
Ist denn Christus zerteilt? (1 Kor 1,13) Wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau. Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus. (1 Kor 3,9.11)

Natürlich, aber hatten Sie nicht auch Meinungsverschiedenheiten mit Petrus?
Als Kephas nach Antiochia gekommen war, bin ich ihm offen entgegengetreten, weil er sich ins Unrecht gesetzt hatte. (Gal 2,11)

Beim Apostelkonzil forderten einige, dass Heiden, die Christen werden, jüdische Gesetze und Beschneidung einhalten müssen.
Wir haben ihnen nicht nachgegeben, damit euch die Wahrheit des Evangeliums erhalten bleibe. Im Gegenteil, sie sahen, dass mir das Evangelium für die Unbeschnittenen anvertraut ist wie dem Petrus für die Beschnittenen. (Gal 2,5.7) Denn in Jesus Christus kommt es nicht darauf an, beschnitten oder unbeschnitten zu sein, sondern darauf, den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist. (Gal 5,6)

Kann man daraus einen Grundsatz für die Inkulturation des Glaubens ableiten?
Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen. Darin gibt es keinen Unterschied zwischen Juden und Griechen. Alle haben denselben Herrn. (Röm 9,10.12) Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid „einer“ in Christus. (Gal 3,28)

Worauf kommt es dann vor allem an?
Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles, und behaltet das Gute! (1 Thess 5,19–21)

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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