Im Augenblick | Teil 08
Es ist ein ganz normaler Beruf für einen Mann

Foto: Gerd Neuhold, Sonntagsblatt

Ich bin kein Exot, ich fühle mich nicht so, und es ist unglaublich schön für mich, hier ‚ganz normal‘ dazuzugehören und Teil dieses Teams im Kindergarten zu sein.“

Nicht nur für Stephan, das ist wohl für jeden Menschen etwas Wesentliches im Leben: den Beruf ergreifen und ausüben zu können, der einen wirklich erfüllt. „Wie sich das bei mir ergeben hat, lässt sich schwer erklären“, überlegt der 22-jährige Grazer. Weder hatte er vorher viel mit Kindern zu tun noch irgendwelche Ambitionen in diese Richtung. Er besuchte bei den Schulschwestern in Graz-Eggenberg die Volks- und Hauptschule. Im Rahmen der berufsbildenden Tage in der vierten Klasse war er im Kindergarten. „Da wusste ich, dass ich die Bakip (Bildungsanstalt für Kinderpädagogik) probieren wollte. Es war die richtige Wahl für mich.“ Sie war essentiell für seine weitere Entwicklung.

Von seinen Eltern und seinem Bruder erhielt er immer Unterstützung trotz seiner ungewöhnlichen Berufswahl. Manche Bekannte haben diese aber nicht verstanden. Fragen, wie man denn als Bursche so eine Richtung einschlagen könne („Bist du kein richtiger Mann?“) haben ihn anfangs gefordert. „Heute komme ich damit zurecht. In meinem Freundeskreis bringen mir die Menschen Verständnis entgegen.“

Im fünften Jahr der Ausbildung hatte Stephan mit Michael Kammerer, einem männlichen Vorbild in diesem Beruf, zu tun, der ihm seine Erfahrungen weitergab. Auch den Job im Kindergarten Straßgang zu finden war für den jungen Mann kein Problem. Er hatte dort schon Praktikum gemacht und wurde dann gefragt, als ein Kindergartenpädagoge für den Nachmittag gesucht wurde. „Ja, es ist schon etwas Besonderes, wenn man gefragt wird, ob man die Arbeit machen möchte“, sagt er nicht zu Unrecht.

Eigentlich hatte er nach dem Abschluss der Ausbildung zuerst einmal andere Pläne. Eine Reise nach Thailand sollte in einen längeren Aufenthalt münden, um Land und Leute besser kennen zu lernen, neue Eindrücke zu gewinnen und sich eine Auszeit zu gönnen. Stattdessen kam er zurück, um die Chance zu ergreifen, die sich ihm in Straßgang bot.

Spricht Stephan über seine Arbeit mit den Kindern, dann bricht die pure Begeisterung durch. „Kinder geben einem so viel zurück, das ist einfach wunderbar. Man kann viel von ihnen lernen, weil sie völlig spontan und automatisch auf die Stimmung reagieren, in der man selbst gerade ist.“ Kindergartenpädagoge ist auch für ihn eher eine Berufung als nur ein Beruf. „Man nimmt das auch einmal mit nach Hause und überlegt, was man am nächsten Tag machen könnte.“

Zur Zeit sind ungefähr zehn Prozent der Absolventen der Bakip Männer. Die Beteiligung von Männern und Vätern an der Betreuung und Erziehung von Kindern soll immer „normaler“ werden. „Wenn ich dabei mithelfen darf, bin ich glücklich, aber grundsätzlich ist es mir wichtig, zur Entwicklung der Kinder positiv beizutragen. Und zu erleben, welche wunderbaren Geschöpfe sie sind. Das ehrliche Lächeln der Kinder ist jeden Tag ein Geschenk für mich. Unbezahlbar!“

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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