Persönliche Antworten zum Diözesanjubiläum | Teil 02
Denn Christen werden nicht geboren

Vor 800 Jahren – im Jahre 1218 – wurde in unserem Land ein Bischofssitz mit dem dazugehörigen seelsorglichen Zuständigkeitsbereich, genannt „Diözese“, errichtet: Wir feiern heuer ein Jubiläum. Dazu fällt mir zunächst das Diktum von Friedrich Nietzsche ein: „Nicht das ist das Kunststück, ein Fest zu veranstalten, sondern solche zu finden, welche sich an ihm freuen.“

Ein Ereignis wie „800 Jahre Diözese Graz-Seckau“ kann nur dann festlich begangen werden, wenn die Feiernden von diesem Gründungsakt her auch heute und in Zukunft ausreichend Grund zu Freude und Dankbarkeit empfangen.

Natürlich ist ein solches Jubiläum Anlass, auf die Anfänge und Entwicklungsschritte durch die Jahrhunderte zu blicken.

Da gibt es viele Gründe, auf das, was Glaubende und ihre Gemeinschaften, Pfarren, Ordenskonvente, karitative Einrichtungen und Bildungsinstitute seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart in das Leben und die Kultur der Steiermark eingebracht haben, hinzuweisen, darauf stolz zu sein und sich damit zu identifizieren: „Das ist unsere Kirche“, „das sind WIR“. Wir haben aber auch Fehlentwicklungen, Irrwege und Umwege wahrgenommen und wollen diese „Last“ nicht ignorieren oder leugnen.

Der gegenwärtige Papst Franziskus sieht in der Kenntnis der Ereignisse der Vergangenheit und der Fähigkeit, ihnen gegenüber Stellung zu beziehen, eine Voraussetzung, eine sinnvolle Zukunft aufzubauen. Dieser Blick kann auch zur „Inspiration“ werden.

Ja, das Jubiläum „800 Jahre Diözese Graz-Seckau“ soll uns helfen, eine sinnvolle Zukunft aufzubauen. Darum haben wir für das Jubiläum das Motto gewählt: „Zukunft säen“: ein Wort, das das biblische Gleichnis vom Sämann andeutet, der sein Saatgut großzügig ausstreut – manches auf den Weg, auf felsigen Grund, unter die Dornen, aber auch auf fruchtbaren Boden. Jesus hat mit diesem Bild sein eigenes Wirken gedeutet, aber auch zu gläubiger Zuversicht, Gelassenheit und Großzügigkeit im Auftrag der Kirche, das Evangelium den Menschen zu bringen, aufgerufen. Mit dem Slogan „Zukunft säen“ haben wir auch bewusst riskiert, dass der Blick nach vorne gelenkt wird: Wir laden ein, „Zukunft zu sehen“.

Unabhängig von konfessionellen Abgrenzungen sollte uns klar werden: Vieles in unserer Kultur verdankt sich dem Christentum. Das meiste davon ist uns und der Gesellschaft kaum mehr bewusst: So hat zum Beispiel das biblische Menschenbild deutliche Spuren in unserer Rechtsordnung und Sozialgesetzgebung hinterlassen; die Struktur von Arbeit und Frei-Zeit, die Sicht der Natur als Schöpfung, die Relativierung und Entzauberung aller Macht, vor allem der Staats-Macht, haben ihre Wurzeln auch im Christentum.

Wir haben uns als die erste und wichtigste Aufgabe für die Vorbereitung zum Diözesanjubiläum und darüber hinaus gestellt: „Die Freude am Glauben erneuern!“ – Denn Christen werden nicht geboren, der Glaube muss immer wieder und neu verkündet werden.

[p]Heinrich Schnuderl

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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