Interview mit Bischof Wilhelm Krautwaschl
Das Jetzt annehmen

Im Gespräch mit Margit Huber, Fachreferentin für Lebensschutz und Lebensförderung und Leiterin des Arbeitskreises „Umfassender Schutz des Lebens – aktion leben Steiermark“, erzählt Bischof Wilhelm Krautwaschl, wie ihn die Corona-Krise auch persönlich herausfordert. | Foto: Neuhold
  • Im Gespräch mit Margit Huber, Fachreferentin für Lebensschutz und Lebensförderung und Leiterin des Arbeitskreises „Umfassender Schutz des Lebens – aktion leben Steiermark“, erzählt Bischof Wilhelm Krautwaschl, wie ihn die Corona-Krise auch persönlich herausfordert.
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Bischof Wilhelm Krautwaschl im Gespräch mit Margit Huber von „aktion leben“ über die aktuelle Situation und worauf er sich freut, wenn diese Zeit überstanden ist.

Was können Ihrer Meinung nach Menschen, die sehr unter der aktuellen Situation leiden, tun?
Ich würde einmal sagen: Vertrauen üben, Vertrauen leben. Die Bibel ist voll von Erzählungen, dass Gott die Menschen nicht allein lässt, sondern immer wieder auf sie zugeht. In vielen Erzählungen wird deutlich, dass Menschen in Krisensituationen sich wieder vertiefter ihrer Beziehung zu Gott bewusst geworden sind und sie gelebt haben. Dadurch ist ihnen ermöglicht worden, Schritte zu setzen – auch wenn ich nicht alles in der Hand habe oder momentan vielleicht nur den nächsten Schritt bewusst setzen kann.

Wie könnte ein haltgebendes Miteinander aussehen?
Da gibt es, glaube ich, verschiedenste Möglichkeiten. Wenn ich durch die Stadt gehe, einfach bewusst die Wirklichkeit um mich herum anschauen. Ich denke, dass alles bei weitem nicht so schlecht ist, wie wir manchmal glauben wahrnehmen zu müssen.
Außerdem bin ich in den meisten Fällen immer mit jemandem verbunden – ob analog oder virtuell. Es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten, mit anderen unterwegs zu sein. Auch unter den gegebenen eingeschränkten Umständen – miteinander spazieren gehen, einander anrufen, Briefe, E-Mails schreiben. Dass man einfach in Kontakt bleibt. Und im Letzten ist auch die Wirklichkeit des Gebetes etwas, wo ich das Miteinander – in dem Fall mit Gott – lebe. Auch das suchen.

Sehen Sie im Leid, welches Menschen durch die Pandemie erfahren, in irgend-einer Weise einen Sinn?
Es ist auf der einen Seite berechtigt, nach
dem Warum zu fragen. Aber wäre es nicht besser, nach dem Wozu zu fragen? Wenn ich an Papst Franziskus erinnere in seinem Buch „Wage zu träumen!“ – vielleicht ist eine Krise tatsächlich dazu da, mir die Frage zu stellen:
Ist in meinem Leben alles so in Ordnung? Wollen wir wirklich alle in den Stress zurück, den wir dauernd beklagten? Was ist die Normalität, von der wir reden? Dass ich die Umwelt nach wie vor so belaste, wie ich es gewohnt war? Ist nicht das Ganze eine
Frage der Notwendigkeit einer Lebensstil-änderung?
Ich glaube auch, dass die Frage „Mensch, wozu willst du leben, und wozu bist du da?“ in dieser Zeit neu und vertieft gestellt wird. Wenn sich die ganze Wissenschaft weltweit müht, binnen kürzester Zeit einen Impfstoff herzustellen, dann heißt das ja etwas: dass sich die Menschheit müht, Leben zu ermöglichen. Gleichzeitig sagt der Verfassungsgerichtshof – Stichwort Sterbehilfe – Leben ist eigentlich nicht wichtig. Das passt für mich nicht zusammen! Da werden Doppelbotschaften gesendet, denn wozu sagen wir „Ja“? Das Leben fordert uns gerade sehr heraus – das sind wir nicht gewohnt, und deswegen tun wir uns schwer – überhaupt kein Thema. Aber wenn ich das Leben will, dann bitteschön konsequent durchbuchstabieren auf den verschiedensten Ebenen.

Wie geht es Ihnen selbst in dieser Situation, und was hat sich für Sie persönlich dadurch verändert?
(lacht) Ziemlich viel! Ich bin praktisch nicht mehr unterwegs. Das ist einer der wichtigsten Dienste des Bischofs, dass man bei den Leuten ist – das geht momentan nicht real. Was heißt das für mich, was ist jetzt möglich? Jeden Tag Priester, Diakone und PastoralreferentInnen anrufen, um zu zeigen, dass man ihnen nahe sein möchte. Ich feiere regelmäßig mit einer kleinen Gemeinschaft die Messe, die ins Internet gestreamt wird. Das gibt meinem Tag eine Struktur. Wenn ich das „Jetzt“ annehme, so wie es gerade ist, und damit lebe, geht es mir gut.
Ich weiß um die Herausforderungen vieler, die daheim LehrerIn sein müssen, den Haushalt schupfen, Homeoffice … Alle Achtung vor den Menschen, die diese Herausforderungen annehmen und daraus das Beste machen.

Worauf freuen Sie sich besonders, wenn diese Zeit überstanden ist?
Ich freue mich, wenn wir wieder miteinander feiern können, und auch darauf, dass man sich vielleicht wieder die Hand geben darf! (lacht) Ich freu mich auch, dass wir vielleicht entdeckt haben, dass Kirche mehr ist als das, wie wir Kirche immer wieder verstehen – nämlich am Sonntag zusammenkommen und Messe feiern.

Wie sehen Sie der Zukunft entgegen?
Voll Zuversicht, weil Gott mit uns ist. Sehr einfach geantwortet, aber es ist einfach so.

Eine längere Fassung dieses Interviews finden Sie auf der Homepage der Katholischen Kirche Steiermark - einfach hier klicken.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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