Menschen Wege | Teil 04
Aufgeben tut man doch nur einen Brief

Foto: Gerd Neuhold, Sonntagsblatt

Es ist ein kleines Paradies hier zwischen den Einfamilienhäusern hinter der Bulme in Graz-Gösting. Angenehm kühl sitzt es sich im Schatten des Gartens, wo Manfred Gutmann die Rosen schneidet. Zwei Augen nimmt er weg, dann werden sie heuer noch einmal blühen. Der 51-jährige Grazer hat hier in Gösting Tischler gelernt und ging nach dem Wehrdienst für ein halbes Jahr auf den Golan, wo er als Wachposten und Fahrer für die UNO tätig war.

Zurück in Graz arbeitete er im Plattenzuschnitt bei einem Bauhandel. 2003 begann er als Schulwart bei der Bulme. Das hatte sich so ergeben, weil seine Mutter dort arbeitete und er immer nachgefragt hatte, „wie es denn ausschaut“. Als Schulwart ist man das „Mädchen für alles“ und muss verschiedene Dinge beherrschen. Die Arbeit hat ihm gefallen. Als „Allrounder“ erledigte er, was gerade so anfiel: Schlösser wechseln, Verstopfungen beheben, kleine elektrische Reparaturen. Mit Schülern, Kollegen, Fachlehrern und Professoren sei er gut ausgekommen. Bis die „Vorfälle“ begannen.

Im Winter 2010 hatte er den ersten Bandscheibenvorfall, musste ins Spital und bekam dort Infusionen. Weil es seitdem nicht dauerhaft besser wird, steht eine Operation im Raum. Freunde und Bekannte reden ihm zu. „Ich muss es machen lassen, aber ich trau’ mich nicht so ganz.“ Nachdem eine grundsätzliche Besserung des gesundheitlichen Zustandes nicht erreicht werden konnte, suchte er um Invaliditätspension an. Das Ansuchen wurde abgelehnt. „Ich bin eben zu wenig krank.“ Er lächelt ein bisschen. Immer wieder habe er Schmerzen. Jetzt im Sommer gehe es zwar besser, aber „wenn es kalt wird, genügt oft eine falsche Drehung, und die Bandscheibe zwischen dem vierten und fünften Wirbel kommt wieder heraus.“ Sie bewegt sich von selbst wieder an ihren Platz zurück, aber das ist mit Schmerzen verbunden. Dann sind Infusionen und Schmerzmittel notwendig.

Das viele Heben in seinem angestammten Beruf ist für Manfred Gutmann heute nicht mehr möglich, weshalb er eher einen Job als Hausmeister oder auch im gärtnerischen Bereich sucht, weil er das gerne macht. „Ich bin ja vielseitig, aber gerade solche Stellen werden heute oft eingespart.“ Versucht habe er vieles, sich als Fahrer beworben, oder auch bei einer Security Firma – ohne Erfolg.

Kraft gibt ihm seine Frau, die heute 43 ist und die er im Urlaub in der Dominikanischen Republik kennengelernt hat. Sie selbst hat drei Kinder, die dort geblieben sind. „Jetzt ist sie schon zweifache Oma.“ Seine Frau ist Friseurin und arbeitet bei ihrer Schwester in Wien. „Sie ist nur alle zwei Wochen hier bei mir, aber wir telefonieren jeden Tag, und ich weiß, dass sie zu mir hält.“ Denn finanziell schaut es nicht so gut aus. „Wenn man vom Notstand lebt, muss man schon aufpassen.“

Mit einer Betreuung vom Arbeitslosenfonds der Diözese hat er jetzt seinen alten Lebenslauf überarbeitet, was natürlich wichtig ist, und bewirbt sich bei der Universität Graz, wo eine Stelle für gärtnerische Tätigkeiten ausgeschrieben ist.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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