Sozialwort des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich | Teil 3
Arbeitslosigkeit und gesell­­schaftliche Widersprüche

Gemeinsam mit Freunden durch schwierigere Zeiten: Gertraud und Josef Strobl (im Bild rechts) bei der 50-Jahr-Feier der KAB Steiermark. Trotzdem müsste nach Ansicht von Frau Strobl mehr über die Rolle der Frauen in Familie und Gesellschaft nachgedacht und  | Foto: Labner
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Zugegeben – manche trifft das Los der Arbeitslosigkeit noch härter: Mit einem mitsorgenden Ehegatten, versorgten Kindern, gemeinsam geschaffenem Eigenheim und dank hauswirtschaftlichem Geschick und Organisationstalent und etwas Erspartem kann Gertraud Strobl leichter über ihren derzeitigen Status reden als andere.

Trotzdem war es auch für die Buchhalterin nicht einfach, wenige Jahre vor der Pension noch in die Arbeitslosigkeit geschickt zu werden. Ein typisches Opfer der Umstrukturierung, der Rationalisierung eben: Die Konzernzentrale in England befand nach der Übernahme durch japanische Investoren, dass der Verkauf von Baugläsern in Österreich noch kostengünstiger abgewickelt, auf die Verrechnungsabteilung in Graz auch verzichtet werden könnte.

Ja, die Einsparungen haben sich schon irgendwie abgezeichnet, das Gerücht von der Auslagerung der Abteilung in ein anderes Bundesland gab es schon länger. „Es war in der letzten Zeit nicht mehr so lustig, wenn man sich von Kollegen und Kolleginnen verabschieden musste, mit denen man jahrelang zusammengearbeitet hat“, erinnert sich Gertraud Strobl an ihre letzte Arbeitsstelle. Sicher, es gab das Angebot, in die neue Buchungszentrale mitzukommen, aber wie macht man das als Teilzeitbeschäftigte mit Mann und Familie...

Also Entscheidung für ein vorübergehendes Dasein ohne bezahlte Erwerbsarbeit – mit Arbeitslosenunterstützung für ein Jahr. Mit der Hoffnung, doch wieder einen Job zu finden. Schließlich hat man sich ja auch mit dem von der Arbeitsmarktverwaltung angebotenen Lohnverrechnungskurs weiter qualifiziert.

In der Zeit der Arbeitslosigkeit, in der Frau Strobl an weiteren AMS-Qualifizierungskursen teilnahm, sieht sie die Lage etwas pessimistischer: In den letzten zehn Monaten wurde ihr vom AMS lediglich eine einzige Stelle angeboten – ihr Bewerbungsschreiben blieb bis zum Zeitpunkt dieses Interviews unbeantwortet.

„Man hat als 58-Jährige halt doch keine Chancen mehr am Arbeitsmarkt“, resümiert Gertraud Strobl ihre bisherigen Erfahrungen als arbeitswillige Arbeitslose, obwohl bei den AMS-Kursen immer die „Eigeninitiative“ der Kursteilnehmer eingefordert wird. „Manchmal wird einem das Gefühl vermittelt, als sei man selbst für die Arbeitslosigkeit verantwortlich“, merkt die ehemalige Bankangestellte bitter an, die sich seinerzeit nach der Geburt ihrer drei Kinder für das vorübergehende Mutterdasein entschloss und daher erst wieder mit 41 Jahren ins Berufsleben einstieg.

Für ihre eigene Pension fehlen ihr jetzt natürlich die Versicherungszeiten. „Als Mutter bist du derzeit doppelt bestraft“, kommentiert Strobl die für viele Frauen unbefriedigende Situation jener Frauen, die jahrelang voll und ganz ihren Angehörigen zur Verfügung standen und jetzt im Alter ohne entsprechende Eigenversorgung dastehen.

Wie gesagt, im Familienverband ist man ebenso wie im KAB-Freundeskreis gut aufgehoben, lässt sich manches leichter tragen. Trotz ökumenischem Sozialwort will Gertraud Strobl klarere Positionen der Christen: „Wenn der Kirche die Familie wirklich ein Anliegen ist, könnte sie sich da lauter zu Wort melden.“

Hannes Labner

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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