Christentum - Ein Reiseführer | Etappe 070
Alternativ leben

Zisterziensernovize aus dem Stift Rein. | Foto: Neuhold

Orden und Klöster

Fast alle großen Religionen kennen Gemeinschaften von Männern oder Frauen, die sich nach Regeln zusammenschließen und ein gemeinschaftliches religiöses Leben führen. Solche Lebensformen sind ein Sonderfall, für die man eine eigene Berufung verspüren muss.

Einsiedler, die sich in die Wüste zurückgezogen hatten, um in Abgeschiedenheit in äußerster Einfachheit Gott zu suchen, schlossen sich aus pragmatischen Gründen zu Kolonien zusammen. Ein um 320 vom Mönch Pachomios in Oberägypten gegründetes Kloster gilt als ältestes der christlichen Welt. Der Überlieferung nach hat ein Engel dem Mönch eine von Gott verfasste Regel überreicht, die bald darauf von Basilius von Caesarea weiterbearbeitet und auch die Grundlage für die um ca. 540 verfasste Regel des heiligen Benedikt wurde, welche die wichtigste Ordensregel des Westens darstellt. Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam galten schon im frühen Mönchtum als die Richtschnur und Grundlage des mönchischen Lebens überhaupt. Durch diese „Evangelischen Räte“ suchen die Ordensmitglieder das Leben Jesu nachzuahmen und für sich als auch für andere zu beten. Mit Benedikt kommt aber ein zentraler Aspekt hinzu: Sein Motto „Ora et labora“ („Bete und arbeite“) sucht ein Gleichgewicht von Gebet und tätiger Arbeit und unterscheidet sich dadurch von anderen Ordensgemeinschaften, die rein auf Gebet und Betrachtung ausgerichtet leben.

Mit der Verbindung von religiösem Ideal und nutzbringender Arbeit hatte das Mönchtum einen entscheidenden Einfluss bei der kulturellen Entwicklung Europas. Die Klöster oder Stifte wurden zu Zentren des Wissens und der Kultur, die auf Bildung und Erziehung, aber auch auf Literatur, Musik, Kunst und Naturwissenschaft ausstrahlten. Nicht selten waren die Vorsteher (Äbte, Pröpste) auch mit weltlicher Herrschaft betraut. Gegen die Tendenzen der Verweltlichung durch Anhäufung von Reichtümern und Machtkonzentration entwickelten sich ab dem 11. Jahrhundert verschiedene Reformbewegungen: Bernhard von Clairvaux will zum Beispiel in dem von ihm inspirierten Zisterzienserorden die ursprüngliche benedikti­nische Lebensform wiederherstellen. In den Kreuzzügen entstehen Ritterorden, wie die Deutschherren, die Johanniter (die späteren Malteser) oder der aufgehobene Templerorden.

Ab dem 13. Jahrhundert sind es vor allem die Bettelorden (Franziskaner, Dominikaner, Karmeliten), die das einfache und bedürfnislose Leben Jesu in den Mittelpunkt ihres Lebens und ihrer Verkündigung stellen. Nach der Reformation im 16. Jahrhundert kommen dem Jesuitenorden, deren Mitglieder sich durch ein viertes Gelübde der Verfügbarkeit und des besonderen Gehorsams gegenüber dem Papst binden, eine zentrale Aufgabe bei der Gegenreformation und Neuorganisation des Katholizismus zu. Letztere zählen nicht zu den Mönchsgemeinschaften, sondern zu den sogenannten „Regularklerikern.“ Sie tragen das Gewand der Weltpriester und binden sich anders als die Mönchsorden nicht an ein bestimmtes Kloster („stabilitas loci“), sondern sind je nach Bedarf des Ordens in dessen vielfältigen Aufgaben von Erziehung und Bildung, Hochschulen, Mission, Seelsorge und anderem ein- und versetzbar. Ab dem 17. Jahrhundert entstehen zahlreiche Ordensgemeinschaften, die keine feierlichen Gelübde ablegen, sondern sich durch Versprechen an eine als „Kongregation“ bezeichnete Gemeinschaft unterschiedlichster Ausrichtung binden. Dazu zählen etwa die Pallottiner, die Salesianer, die Comboni-Missionare und viele andere. An Gründungen der Gegenwart sind vor allem die „Legionäre Christi“ und die „Schwestern Mutter Teresas“ bekannt.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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