Steirische Missionare | Einleitung | Teil 1
... was ist los mit der Mission?

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Man könnte den Eindruck gewinnen, dass heutzutage nicht mehr viel los ist mit der „Weltmission der Kirche“.

Manche fragen sich allen Ernstes, ob das, was man früher so landläufig unter Mission verstanden hat, sich nicht seinem Ende zuneigt. Vor einigen Jahrzehnten waren es ja noch viele, die auch aus der Steiermark als Missionsschwestern, Priestermissionare oder Missionsbrüder nach Afrika, Asien, Ozeanien oder Lateinamerika „in die Mission gegangen sind“. Von ihren Heimatgemeinden, von Missions- und Solidaritätsgruppen, mit Spenden aus der Sternsingeraktion und vom Familienfasttag, von der Aktion Bruder und Schwester in Not („Sei so frei“), von Missio und vom Welthaus wurden sie tatkräftig unterstützt. Was haben sie eigentlich „in der Mission“ gemacht? Braucht man sie heute noch, oder ist ihre Zeit vorbei? Nein, sie ist brandaktuell.

Worum geht es in der Mission der Kirche?
Man getraut sich vielfach gar nicht mehr, dieses Wort überhaupt noch in den Mund zu nehmen, weil es historisch belastet und mit so vielen falschen Vorstellungen und Inhalten überfrachtet ist. Und doch steht das, was die Kirche unter Mission versteht und weltweit praktiziert, als Sendungsauftrag Jesu grundsätzlich weder zur Diskussion noch zur Disposition. Die Kirche hat nicht nur eine Mission. Sie ist Mission.
Und das war von Anfang an so. Schon die Jüngerinnen und Jünger Jesu haben noch zu seinen Lebzeiten seine Botschaft von der neuen Wirklichkeit des Reiches Gottes weitergetragen. Nach seinem Tod und seiner Auferstehung haben sie sich in der Kraft des von ihm gesandten Heiligen Geistes neu zusammengefunden und sein Evangelium über die Grenzen von Galiläa und Judäa hinaus im gesamten Mittelmeerraum verkündet. Auch die Verfolgung derer, die für das Leben, Sterben und die Auferstehung ihres Meisters Zeugnis ablegten, konnte die rasche Ausbreitung der christlichen Gemeinden nicht verhindern: „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4,20). So darf ohne Einschränkung festgestellt werden, dass die Kirche von ihren ersten Anfängen an eine missionarische Kirche gewesen ist – und sie wird es bleiben.
Warum dann diese radikale Infragestellung von Mission, wie wir sie nicht erst heute erleben? Wie in manchen Epochen der Kirchengeschichte die Mission vorangetrieben wurde, nicht selten mit Gewalt und ohne Respekt vor den kulturellen und religiösen Traditio-nen der Völker und mit unheiligen Allianzen mit kolonialen Mächten und unterdrückenden politischen Systemen, hat auch die Verkündigung des Evangeliums selbst fragwürdig gemacht. „Mission impossible!“ sagen deshalb viele aufgeklärte Geister.
Mission soll und darf für viele nicht mehr sein, weil sie durch ihren Anspruch, die in Jesus Christus geschenkte letzte und endgültige Wahrheit über Gott und die Welt zu verkünden, in sich schon ein Gewaltpotenzial birgt. Aber ist nicht das Wort „Mission“ selbst schon vielen Fehlinterpretationen ausgesetzt, wenn es für Militäreinsätze und Wirtschaftskriege verwendet wird und wenn einzelne Nationen mit ihren „Weltraummissionen“ auch die Planeten für sich erobern wollen? Sind es nicht gerade diese „Missionen“ in unserer Welt, die durch ihre je eigenen, oft subtilen politischen, militärischen und ökonomischen Machtkämpfe eine ständige Bedrohung des Weltfriedens darstellen? Angesichts dieser in vielem gefährlichen „Missionen“ wird sich christliche Mission immer wieder zu fragen haben, ob sie dem Anspruch des Evangeliums gerecht wird und dessen Botschaft des Friedens, der Gewaltlosigkeit und der Versöhnung verkündet und selbst in die Tat umsetzt.
P. Franz Weber

Zur Person: P. Franz Weber
P. Franz Weber, geboren 1945, stammt aus der weststeirischen Pfarre St. Johann ob Hohenburg; 1965: Eintritt in die Kongregation der Comboni-Missionare (MCCJ), Studium der Theologie in Bamberg, Rom und Graz; 1972: Priesterweihe; 1974: Dissertation in Graz: „Mission und Pastoraltheologie“; Tätigkeit in der Ordensausbildung der Comboni-Missionare in Deutschland; 1983–1991: Missionseinsatz in der Begleitung von Basisgemeinden im Nordosten Brasiliens, Studium in São Paulo; ab 1992: Lehraufträge in Pastoraltheologie und Missionswissenschaft; 1993–1997: Pfarrer in Graz/Messendorf; 1996: Habilitation bei Ottmar Fuchs in Bamberg; 1997–2011: Professor für interkulturelle Pastoraltheologie und Missionswissenschaft in Innsbruck; seit 2011 Pfarrseelsorger in Innsbruck; Vortragstätigkeit und Bischöflicher Beauftragter für die Ständigen Diakone und für Missionarische Pastoral.

Sprechendes Logo
Das Logo zum Weltmissionsmonat ist ein Missionskreuz mit leuchtenden Farben, als Zeichen einer neuen Vision für unsere Welt. Das Kreuz steht für die Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch und die Universalität unserer Mission. Die Grundfarben des Kreuzes beziehen sich auf die fünf Kontinente: Amerika (rot), Afrika (grün), Europa (weiß), Asien (gelb) und Ozeanien (blau). Rot erinnert an das Blut der Märtyrer: Samen für ein neues Leben im christlichen Glauben. Grün ist die Farbe des Lebens und der Hoffnung und symbolisiert Wachstum, Fruchtbarkeit, Jugend und Vitalität. Weiß ist Symbol der Freude, der Beginn des neuen Lebens in Christus: Dies ist die Herausforderung, der sich das alte Europa gegenübersieht, damit es wieder die Kraft erlangen kann, aus der es entstanden ist. Gelb ist die Farbe des Lichts. Das wahre Licht – Jesus – ist unter uns erschienen. Wir Christen sollen unser Licht leuchten lassen und nicht unter den Tisch stellen. Blau symbolisiert das Wasser des Lebens, das unseren Durst löscht. Es ist die Farbe des Himmels, Zeichen, dass Gott bei uns wohnt.
Die Welt ist transparent, weil die Evangelisierung keine Barrieren oder Grenzen hat; sie ist Frucht des Hl. Geistes. Die christliche Nächstenliebe überwindet Entfernungen und öffnet den Horizont unseres Geistes und unserer Herzen. Die Wörter „Getauft“ und „Gesandt“ weisen auf die beiden Merkmale eines jeden Christen hin: Taufe und Sendung.
Die wichtigsten päpstlichen Verlautbarungen lassen erkennen, dass die Kirche keine Mission hat, sondern „ihrem Wesen nach missionarisch ist“ (II. Vatikanum). Jede Zeit hat ihre Herausforderungen, und es liegt an uns, aus der „Freude am Evangelium“ (Papst Franziskus) darauf eine Antwort zu geben. Papst Franziskus hat einen Traum: „Ich träume von einer missionarischen Entscheidung, die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient“ (EG 27).
P. Josef Altenburger, Comboni-Missionar und MISSIO-Direktor der Diözese Graz-Seckau

EINBLICKE
Schön, dass wir mehr von Euch erfahren
Ich freue mich, dass die steirischen Missionarinnen und Missionare im Sonntagsblatt schon vor dem außerordentlichen Monat der Weltmission, den Papst Franziskus für den Oktober 2019 ausgerufen hat, ganz persönlich zur Sprache kommen. Ich weiß: Früher waren wir viel mehr. Unsere Zahl ist geschrumpft. Manche von uns mussten aus Altersgründen in die Niederlassungen ihrer Ordensgemeinschaften in Österreich zurückkehren, andere leisten oft noch bis ins hohe Alter einen wertvollen Dienst in ihren Einsatzländern.
Viele von uns sind schon in jungen Jahren in eine für sie zunächst fremde Kultur aufge-brochen und haben sich dem Dienst an Menschen gewidmet, die ganz anders waren als sie, andere Sitten und Gebräuche hatten und andere Sprachen gesprochen haben. Als Missionar muss man, wie die Theologen sagen, das Wagnis der Inkulturation eingehen. Das heißt: Ich muss mich ganz einlassen auf die Mentalität und Lebenswelt der Menschen, zu denen ich mich gesandt weiß. Das ist meine Mission innerhalb der Mission der Kirche.
Ich darf Freude und Leid mit ihnen teilen und erlebe Schritt für Schritt, dass mir Fremde zu Freunden werden, zu Schwestern und Brüdern. Sie werden mir vertraut, und mit ihnen erlebe ich Kirche – oft auf eine neue und lebendige Art und Weise. Manche von uns Missionarinnen und Missionaren fühlen sich nach Jahrzehnten in „ihrer Mission“ so sehr zu Hause, dass sie nicht mehr in ihre alte Heimat zurück-kehren wollen, sondern ihr Leben inmitten der Menschen beschließen möchten, mit denen sie lange auf dem Weg waren. Die Kirche in der Steiermark dankt Euch für Euer Lebens- und Glaubenszeugnis. Wir freuen uns, dass wir in den nächsten Monaten mehr von Euch erfahren werden.
P. Franz Weber

Autor:

Ingrid Hohl aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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