Ein Erfahrungsbericht
Corona im Pflegeheim

Ein Erfahrungsbericht aus der Südoststeiermark.

Im Rahmen der Corona-Krise ist es vor allem in den Alten- und Pflegeheimen immer wieder zu Cluster-Häufungen von Covid-19-Erkrankungen gekommen. Davon waren nicht nur BewohnerInnen, sondern auch MitarbeiterInnen und Angehörige betroffen. Auch im südoststeirischen Pflegeheim Zerlach waren sowohl BewohnerInnen als auch Pflegepersonen an Covid-19 erkrankt.
In einem Interview mit Johann Platzer schildern Pflegedienstleiterin Barbara Derler, die selbst positiv auf das Corona-Virus getestet worden war, und Hausleiterin Brigitte Pichler ihre beruflichen und persönlichen Erfahrungen während dieser Zeit:
„Als ich von meinem positiven Testergebnis erfuhr, galt meine erste Sorge dem Pflegeheim und meiner Familie“, so Derler. „Es ist mir ziemlich schnell bewusst geworden, dass dieses Virus für unser Pflegeheim eine große Bedrohung werden könnte. Vor allem als klar war, dass auch zwei Bewohnerinnen an Covid-19 erkrankt waren.“
Zu den größten Herausforderungen zählten vor allem die rasche Umsetzung von Schutzmaßnahmen und die Kommunikation zwischen den BewohnerInnen und den Angehörigen. Auch bei der Frage, wer alles getestet werden sollte, gab es große Unsicherheiten: „Hier hat es – so wie in vielen anderen Pflegeheimen auch – immer wieder unterschiedliche Ansichten bei den niedergelassenen Ärzten gegeben. Das war für uns oft sehr belastend.“
Laut Heimleiterin Pichler hat sich bei den BewohnerInnen die soziale Isolation während dieser Zeit auch negativ auf deren Gesundheitszustand ausgewirkt: „Man konnte direkt zusehen, wie einige Menschen sich zurückgezogen haben und ‚verfielen‘. Unsere BewohnerInnen sind zwar nie ganz allein. Aber wir können niemals die Beziehungen und die Menschen ersetzen, die sie lieben. Viele haben auch gesagt: ‚Ich will lieber sterben, als dass ich meine Angehörigen nicht mehr sehe.‘“
Auch löse die Bezeichnung älterer
Menschen als „Risikogruppe“ oder als
„zu Beschützende und Schwache“ bei vielen Betroffenen ein Gefühl der Bevormundung aus. Solche negativen Altersbilder könnten nach Einschätzung der Befragten auch zu einer zunehmenden Altersdiskriminierung führen. Beide Befragte nehmen aber auch etwas Positives aus dieser Zeit mit – vor allem die Erfahrungen des Zusammenhalts und „dass Krisen auch bewältigbar sind“.

Notiert von Johann Platzer

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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