Valentinstag
Was bedeutet Liebe für Sie?

Der Priester Anton Novinscak anlässlich des Valentinstags im Gespräch mit der Theologin Margit Huber von der „aktion leben“ über die Liebe. | Foto: Neuhold
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  • Der Priester Anton Novinscak anlässlich des Valentinstags im Gespräch mit der Theologin Margit Huber von der „aktion leben“ über die Liebe.
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Zum Valentinstag sprach Margit Huber mit der Alleinerzieherin Natalie, Erich aus dem VinziDorf und dem Priester Anton Novinscak über die Liebe.

Natalie (28) ist Alleinerzieherin, zweifache Mama und selbstständige Fitnesstrainerin. Zur Familie gehören ihr leiblicher Sohn Conner (6), ihre Pflegetochter Emely-Melissa (4 Monate), die bereits mit 3 Wochen direkt vom Krankenhaus in die Familie kam, und die Hundedame Mila, eine kleingewachsene französische Bulldogge. 

Was bedeutet Liebe für dich?
Für mich bedeutet Liebe dieses Bedingungslose, also jemanden zu nehmen, wie er ist, ihn nicht verbiegen zu wollen und ihm das Gefühl zu geben, dass er so, wie er ist, in Ordnung ist. Das Für-einander-Dasein, zuhören, einfach einmal nichts sagen, nebeneinander sitzen, sich in den Arm nehmen, dem anderen das Gefühl vermitteln, dass er etwas Besonderes und etwas wert ist. Das bedeutet Liebe für mich.

Wie vermittelst du jemandem das Gefühl, etwas Besonderes zu sein?
Beim Zuhören, wenn jemand Sorgen hat. Ich denke da besonders an meine Kinder: Wenn Conner mir etwas erzählt, dass ich ihm dann zuhöre und ihm das Gefühl gebe, dass seine Sorgen, seine Anliegen mir wichtig sind, ihm Lösungsvorschläge anbiete oder wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Dass er danach das Gefühl hat: Okay, sie hat mich verstanden, sie hat mich lieb, sie ist für mich da.

Gibt es jemanden, den du liebst?
Meine Kinder. Meine beste Freundin natürlich – wir sind seit 13 Jahren befreundet und wirklich seelenverwandt. Den Papa vom Kleinen, aber nicht romantisch, sondern als Familienmitglied. Er gehört für uns nach wie vor zur Familie, und das weiß Conner. Es ist mir sehr wichtig, dass das Band zwischen Mutter, Vater und Kind bestehen bleibt, dass man keinen Keil dazwischentreibt oder stichelt – ich habe das selber erlebt, und das ist nicht schön. Conner kann jederzeit zum Papa, und er zählt ihn immer zur Familie dazu. Eine männliche Person gibt es sonst nicht. Aber Fitness ist meine wahre, große Liebe, meine Passion. Nach meinen Kindern ist das wirklich meine wahre Liebe.

Warum bezeichnest du das als wahre Liebe, was gibt dir das?
Ich fühle mich dann einfach stark und selbstbewusster, ich brauche das zum Auspowern. Es gibt mir Kraft, und es ist immer da, wenn ich es brauche. Ich fühle mich dann einfach frei und ganz bei mir. Es ist auch mit Kindern super vereinbar. Wenn ich mich mit zwei Wörtern definieren müsste, dann wären diese Fitness und Familie.

Hast du das Gefühl, du wirst geliebt?
Ja. (lacht) Gott sei Dank!

Wie merkst du, dass du geliebt wirst?
Wieder das Bedingungslose, einfach, dass man verstanden und akzeptiert wird. Das habe ich lange nicht gehabt.
Ich habe lernen müssen, mich selbst zu lieben, das war das Härteste überhaupt, und ich kämpfe teilweise immer noch damit. Mittlerweile kann ich sagen, ich mag mich, wie ich bin, ich liebe mich selbst. Das war sehr lang nicht der Fall, da war viel Selbsthass, aber den hab ich besiegt.
Meine Kinder zeigen mir, dass sie mich lieben. Aber am ehesten merke ich es von meiner besten Freundin. Wir sehen uns nicht oft, aber wir telefonieren jeden Tag und verbringen auf diese Weise Zeit miteinander und sind füreinander da.

Erich (59) kommt aus Kärnten, ist gelernter Koch, hat eine Leidenschaft für Musik, besonders Gitarren, und lebt im VinziDorf Graz.

Was bedeutet Liebe für dich?
Liebe bedeutet für mich Geborgenheit, gegenseitiges Einverständnis, Zusammenhalt. Das ist für mich Liebe. Ich liebe auch meinen Billy, meinen Hund, der darf aber da nicht wohnen. Mein Vater war sehr streng, aber meine Mutter sehr, sehr lieb. Sie hat immer gesagt: „Was der Papa sagt, das zählt nicht.“ Meine Mutter war Krankenpflegerin. Als mein Vater gestorben ist, ist sie nebenbei arbeiten gegangen und hat alte Menschen betreut.

Gibt es jemanden, den du liebst?
Ja, ich kann sie dir zeigen. Diese Frau liebe ich (zeigt stolz ein Bild auf seinem Handy). Sie ist Ärztin in Brasilien. Sie wollte mir bei meiner Krebskrankheit helfen. Ich liebe sie und weiß nicht warum. Wir schreiben täglich. Sie schickt mir jeden Tag ein Bussi.
Ich war sehr viel unterwegs, beruflich … Korsika, Italien, Spanien, Marokko, drei Jahre in New York. Es war wirklich eine sehr schöne Zeit. Ich hab mir ganz einfach die Welt angeschaut. Und was ich noch betonen möchte: Die Musik hat mich immer begleitet.

Die Musik ist auch eine Liebe von dir?
Ja, aber nicht nur Musik hören! Da schau … (packt seine E-Gitarre und spielt mir etwas vor).

Hast du das Gefühl, du wirst geliebt?
(Schüttelt verneinend den Kopf.) Durch meinen Alkoholkonsum habe ich mir meine Beziehungen selber verhaut. Früher habe ich in der Schweiz in einem Hotel gearbeitet, war dort auf Saison. Dann bin ich einen Tag zu früh zu meiner Frau nach Hause gekommen … Da sitzt einer in meinem Wohnzimmer, hat meinen Bademantel an und sauft mein Villacher-Bier (ihm kommen die Tränen). Das hat mir weh getan. Du liebst einen Menschen, und der lässt dich wie einen nassen Fetzen fallen.
Danach wurde ich depressiv, und dann kam der große Rückfall zum Alkohol. Als ich wieder am Weg der Besserung war, wurde ich krebskrank, da hat meine letzte Partnerin gesagt: „Mit dir kann man eh nichts anfangen, pfiat di.“ Das war 2013, seitdem bin ich solo.
Mehrere Frauen lieben mich, aber ich bin zu feige, darauf einzusteigen, weil ich Angst davor habe. Man hat mir zweimal so weh getan, du kannst dir das gar nicht vorstellen, und das möchte ich unbedingt vermeiden. Gegen eine gute Freundschaft ist nichts einzuwenden, aber keine Beziehung.

Anton Novinscak (62) ist Seelsorger und Aushilfspriester in der Steiermark.

Was bedeutet Liebe für Sie?
Ich meine, dass Liebe ein Beschenkt-Werden und ein Sich-Verschenken bedeutet.

Wie sieht dieses „Beschenkt-Werden“
für Sie aus?

Dass ich liebe Menschen kennen lernen darf, die Vielfalt und Fülle des Lebens erfahren. Ich habe früher die Grenzen enger gedacht, das Leben hat jetzt viel mehr Farbe. Die Größe des Lebens habe ich in den letzten Jahren mehr erkennen dürfen, vor allem durch liebe Begegnungen.

Wie leben Sie dieses „Sich-Verschenken“?
Das hat für mich mit Zeit-Schenken zu tun, nicht so sehr mit materiellen Dingen. Nach meiner Ansicht gehört zur wahren Liebe auch die Bereitschaft zum Verzeihen und zur Lebenshingabe dazu. Vertrauen und Liebe sind für mich zwei tragende Säulen des Lebens.

Haben Sie das Gefühl, geliebt zu werden?
Manche Menschen vermitteln mir das Gefühl, dass sie mich schätzen.

Woran erkennen Sie das?
Dadurch, dass sie in Worten sagen, dass sie dankbar sind, dass sie meine Gegenwart schätzen und dass ich sie begleiten darf – ich trage für diese Menschen Verantwortung. Auch merke ich das durch Rückmeldungen oder auch nach dem Gottesdienst, wenn mir gesagt wird, dass es gutgetan hat – sei es durch Worte oder durch das Mitfeiern in der heiligen Messe. Von der Liebe Gottes fühle ich mich wirklich getragen in meinem Dasein für die Menschen. Bei Gott weiß ich mich ganz angenommen und geborgen.

Gibt es jemanden, den Sie lieben?
Es gab immer Menschen auf meinem Lebensweg, von denen ich begeistert war, zu denen ich mich besonders hingezogen fühlte. In jungen Jahren, in meiner Berufsfindungsphase waren das Menschen, die mich für
die Kirche begeistert haben, die eine besondere Herzlichkeit und Fürsorge ausgestrahlt haben. Wo man spürt, da hat jemand Zeit für dich, interessiert sich, hat ein Herz für dich, wo man sich wohl- und angenommen fühlt.
Mit vielen lieben Menschen darf ich in Kontakt sein, dafür bin ich dankbar. Freundschaft ist ein großes Geschenk, sie erfordert Zeit und Treue. Es gibt einige Menschen, mit denen ich freundschaftlich verbunden bin – und darüber freue ich mich.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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