Pfarrgemeinderat
Online offen reden

Kreativ unterwegs ist Univ.-Prof. Dr. Christian Friedrich Bauer. Er leitet seit 2017 die Praktische Theologie in Innsbruck.� | Foto: RB/Uni Innsbruck
  • Kreativ unterwegs ist Univ.-Prof. Dr. Christian Friedrich Bauer. Er leitet seit 2017 die Praktische Theologie in Innsbruck.
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Auf anderen Wegen: Ein Theologe begibt sich auf Feldforschung. Gemeinsam mit Prof. Christian Bauer entdeckt man Kirche an anderen Orten.

RB: Ihr Online-Forum beim Pfarrgemeinderats-Kongress am Dienstag, 20. April, beschäftigt sich mit der Frage „Sehen wir die Kirche an anderen Orten?“ An welchen Orten sehen Sie die Kirche? Wo würden Sie sie am liebsten sehen? Welche Orte übersieht die Kirche?

Christian Bauer: Vor einigen Tagen habe ich bei meiner Tochter ein Arbeitsblatt aus dem Religionsunterricht gesehen. Es ging darum, woran man die Kirche erkennt: Kirchturm, Weihwasserbecken, Glockengeläute. Ganz anders eine Zeichnung mit der Überschrift „Where the church is“, die während des ersten Corona-Lockdowns viral gegangen war. Darauf war eine ganz normale Straße zu sehen – und bei einzelnen Wohnungen, Geschäften und Arztpraxen stand zu lesen: „Here“. Genau darum geht es: Kirche ist überall dort, wo Menschen im Geiste Jesu das Evangelium leben. Und Gott ist sowieso überall präsent. Gott außerhalb der Kirchenmauern – darum geht es. Und um den Lockruf seiner Gnade, die uns auf unbekanntes Terrain hinausruft.

RB: Papst Franziskus fordert, dass Kirche an die Ränder gehen solle. Wo kommt Kirche dieser Aufforderung des Papstes zu zaghaft nach?

Bauer: Papst Franziskus verbindet mit dem Gehen an die Ränder ein persönliches Bekehrungserlebnis. Als er Weihbischof von Buenos Aires wurde, begann er hinaus in die Elendsviertel zu gehen – und die Leute dort haben ihn zu einer menschenfreundlichen Kirche bekehrt. Wer an die Ränder geht wird mit der Frage nach dem Eigenen konfrontiert: Lebst du auch, wovon du sprichst? Wovon lebst du eigentlich und wofür? Es geht nicht um „Mission“ im Sinne einer Fremdbekehrung anderer Menschen, sondern vielmehr um eine kirchliche Selbstbekehrung zum Evangelium von der anbrechenden Gottesherrschaft (und nicht: Männer- oder Klerikerherrschaft). Das fragt auch mich als Theologieprofessor an!

RB: Wenn Sie auf Menschen zugehen, etwa in der „Kultur-Bäckerei“, und mit ihnen ins Gespräch kommen, wie lange dauert es denn dann in etwa, bis Sie beim Thema „Glauben“ angelangt sind?

Bauer: Das geht meist sehr schnell. Und ganz oft denke ich mir dann im Gespräch, was Jesus im Markusevangelium sagt: „Du bist nicht fern vom Reich Gottes.“ Wir sollten nach draußen, an andere als kirchlich dominierte Orte gehen – nicht weil die „Anderen“ dort auf uns warten (das tun sie ohnehin nicht), sondern weil wir die „Anderen“ brauchen: ihre anderen Geschichten vom Leben und damit auch ihre anderen Geschichten von Gott.

RB: 40.000 Pfarrgemeinderätinnen und -räte gestalten österreichweit Pfarrleben. Mit welchem Argument würden Sie KandidatInnen gewinnen wollen, für den Pfarrgemeinderat in der konkreten Pfarre zu kandidieren?

Bauer: Papst Franziskus ruft uns dazu, eine synodale Kirche zu werden. Wir müssen den Klerikalismus hinter uns lassen und uns als eine Weggemeinschaft (griech. ‚syn-odos’) der Nachfolge Jesu verstehen. Pfarrgemeinderäte dürfen nicht zu pfarrlichen „Festausschüssen“ degradiert werden, die das Pfarrfest zu organisieren und sonst nicht viel zu melden haben. Sie müssen sich zu pfarrlichen Synodalräten weiterentwickeln, in denen man offen, frei und kreativ an einem gemeinsamen Weg aller Christinnen und Christen, ja aller Menschen vor Ort arbeitet.

Christina Repolust

TIPP: Beim österreichweiten Pfarrgemeinderats-Kongress, der online statt in Saalfelden stattfindet, gibt es weiters: Mi., 28. April, 18 – 20 Uhr, Prof. Johann Pock: „Wie nutzen wir Freiräume?“
Do., 6. Mai, 18 – 20 Uhr, Gabriele Viecens, „Wie schaffen wir Platz für Talente und ermöglichen Beteiligung?“
Informationen: www.pfarrgemeinderat.at

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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