Pfarrgemeinderat
Liebe hat das letzte Wort

Clara-Antonia Csiszar ist Pastoraltheologin in Linz. Sie sagt, Kirche müsse auch unternehmerisches Denken lernen.�  | Foto: RB/Diözese Linz /Fürlinger
  • Clara-Antonia Csiszar ist Pastoraltheologin in Linz. Sie sagt, Kirche müsse auch unternehmerisches Denken lernen.
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Vorbereitung läuft: Am 20. März 2022 findet die Pfarrgemeinderatswahl unter dem Motto „mittendrin“ statt. Sie steht im Zeichen der Fragen nach Teilhabe und Teilgabe im Kontext von Kirche und Pfarrgemeinde. Die PfarrgemeinderatsreferentInnen aller Diözesen laden mit der Aufforderung „Reden wir darüber“ zu vier Online-Foren mit namhaften ReferentInnen ein. Pastoraltheologin Prof. Klara-Antonia Csiszar stellte online die Grundsatzfrage: „Wozu Pfarre?“

RB: Wie häufig stellen Sie sich als Pastoraltheologin in Ihrer Forschung oder Lehre selbst auch die Frage, die Sie im Onlineforum stellen – „Wozu Pfarre?“

Csiszar: Ich stelle sie mir, also „Wozu Kirche“, fast jeden Tag. Die Antwort muss meines Erachtens nach auch für die Pfarre übertragbar sein. Mich beschäftigt schon sehr intensiv diese kurze, knappe Frage und ich freue mich, wenn wir uns diese Frage bald auch gemeinsam stellen und ein wenig darüber meditieren können.

RB: Welche Alleinstellungsmerkmale haben Pfarren? Oder geht es gar nicht um die unverwechselbare Marke „Pfarre“?
Csiszar: Ich finde, heute müssen wir in der Kirche lernen, ein wenig unternehmerisch zu denken. Nicht kapitalistisch, aber unternehmerisch. Sicher haben wir Alleinstellungsmerkmale, die sich in den „veritablen Kundenvorteilen“ zeigen. Was erfahren Menschen, wenn sie unter uns sind, wenn sie mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern sprechen, wenn sie Statements aus der Pfarre hören, wenn sie Einladungen von der Pfarre bekommen? Wie schaffen wir als Pfarre, aber auch als Ortskirche oder sogar als Weltkirche die Kernbotschaft unseres Daseins zum Ausdruck zu bringen? In unserer Praxis geht es um die Darstellung Gottes, dass er da ist. Wir behaupten, eine missionarische Gemeinde zu sein, zu evangelisieren und das wollen wir ja auch immer mehr werden. Ich denke das geht, wenn wir verstehen und uns vielleicht tagtäglich bewusst machen, dass wir nicht Alleinstellungsmerkmale im Plural, sondern ein Alleinstellungsmerkmal haben. Wir bringen die Liebe Gottes in der Welt in Erfahrung. Drei Wege haben wir dafür, die wir alle kennen: martyria, diakonia und liturgia. Ich erkenne den Willen in der Kirche, die rettende und schöpferische Liebe Gottes erfahrbar zu machen, sie darzustellen, aber ich sehe, dass wir auch immer wieder trotz Bemühungen scheitern, frustriert sind und wir werden langsam matt. Das ist verständlich und sehr menschlich. Es ist gut so, denn es gibt den Weg, auf dem wir wieder Mut, Begeisterung und „markenbewusst“ werden können.

RB: 2015 haben viele Pfarren Geflüchtete aufgenommen, sie versorgt und unterstützt. Was unterscheidet in diesem sozialen Tun und politischem Engagement eine Pfarre von einer NGO?
Csiszar: Vielleicht, dass die Pfarren mit ihrer Offenheit und Solidarität eindeutig Gott als Liebhaber eines jeden Menschenlebens in Kredit bringen. Ich sehe aber nicht, dass hier eine Konkurrenz oder eine Wertung innewohnen darf. Gott sei Dank denken viele Menschen in Westeuropa solidarisch, auch wenn sie Solidarität nicht in der Verbundenheit mit der Gottesliebe verorten. Die Kirche aber und jede Pfarre dieser Weltkirche müssten die Ersten sein, die proaktiv agieren und nie die enge Verkoppelung der Fußwaschung und der Eucharistie, das heißt die Gottesliebe von der Nächstenliebe ausblenden. Die Kirche ist eine machtvolle Institution, das wissen wir alle. Wenn wir das theologisch richtig verstehen, dann geht diese Macht mit demselben Maß an Verantwortung einher und sie kann die Welt verwandeln und erfahrbar machen, dass vor Gott immer die Liebe das letzte Wort hat. Die pastorale Arbeit wird gerade an diesem Punkt sehr spannend: Wie schaffen wir das? Es gibt kein Rezept, aber wir sind eine Kirche voll von kreativen Menschen mit Herz, mich immer hoffnungsvoll und begeistert macht mitzudenken und mitzumachen.

RB: Wie würden Sie die Menschen motivieren, sich in einer Pfarre zu engagieren und sich als KandidatInnen zur Pfarrgemeinderatswahl 2022 zur Verfügung zu stellen?
Csiszar: Ich würde den Menschen raten, sich zwei banale Fragen zu stellen. Wenn beide Fragen bejaht werden können, dann sollte man sich schon zur Wahl zur Verfügung stellen. Diese zwei Fragen sind: Will ich mich für das Leben und Liebe einsetzen? Glaube ich daran, dass Gott in der Welt seine Liebe erfahrbar machen will? Bitte, wenn beide Fragen bejaht werden können, unbedingt kandidieren!

Christina Repolust

Weiteres Online-Programm: Beim österreichweiten Pfarrgemeinderats-Kongress, der online statt in Saalfelden stattfindet, gibt es weiters:
Mi., 28. April, 18 – 20 Uhr, Prof. Johann Pock: „Wie nutzen wir Freiräume?“ 
Do., 6. Mai, 18 – 20 Uhr, Gabriele Viecens, „Wie schaffen wir Platz für Talente und ermöglichen Beteiligung?“

Infos und der Impulsvortrag von Klara-Antonia Csiszar zum Nachschauen:www.pfarrgemeinderat.at

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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