Amazonien
Indigene schützen Wald und Klima

Die indigenen Völker sind die Beschützer des Regenwaldes und damit auch des Klimas. Eine ungebremste Rodung zerstört nicht nur die Lebensexistenz der Indigenen, sondern hat fatale Folgen für das Weltklima. Denn mit dem schwindenden Regenwald verringern sich auch Artenvielfalt und CO2-Speicher. Umso wichtiger ist es, sich für die Rechte Indigener einzusetzen. Sei So Frei und die Dreikönigsaktion tun das gerade mit einer Unterschriftenaktion: www.amazonien-retten.at  
 | Foto: RB/Indigenenmissionsrat Cimi
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  • Die indigenen Völker sind die Beschützer des Regenwaldes und damit auch des Klimas. Eine ungebremste Rodung zerstört nicht nur die Lebensexistenz der Indigenen, sondern hat fatale Folgen für das Weltklima. Denn mit dem schwindenden Regenwald verringern sich auch Artenvielfalt und CO2-Speicher. Umso wichtiger ist es, sich für die Rechte Indigener einzusetzen. Sei So Frei und die Dreikönigsaktion tun das gerade mit einer Unterschriftenaktion: www.amazonien-retten.at
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Brasiliens Indigene und ihr Lebensraum sind bedroht. Sei So Frei, die entwicklungspolitische Aktion der Katholischen Männerbewegung, setzt sich an der Seite des austro-brasilianischen Bischofs Erwin Kräutler für Amazonien ein. Ein weiterer Projektpartner und Vorarlberger Landsmann von Kräutler, Thomas Bauer, lebt seit 1996 in Brasilien. Dem Rupertusblatt schildert er die aktuelle Lage und weshalb die Abholzung des Regenwaldes und Vertreibung der Indigenen auch in Europa niemandem egal sein darf.

RB: Die Pandemie hat Österreich im Griff. Wie ist es in Brasilien?
Thomas Bauer: Aktuell scheint die Situation in Brasilien weniger angespannt wie in Österreich. Das zeigen auch die offiziellen Zahlen, wenngleich diesen nicht immer zu vertrauen ist. Trotz des fahrlässigen Umgangs mit der Pandemie durch Präsident Jair Bolsonaro, selbst ein Impfverweigerer, sind rund 60 Prozent der Bevölkerung vollständig immunisiert. Aber viele Familien klagen über den Verlust eines Angehörigen und der Schock sitzt tief. Insgesamt starben mehr als 612.000 Menschen an Covid-19 (Stand Mitte November). Allgemein hat die Pandemie zu einer noch größeren Spaltung der Gesellschaft beigetragen. Die Arbeitslosigkeit ist groß und die Inflation steigt.

RB: Das Coronavirus erreichte auch den Regenwald. Was bedeutet das für die indigenen Völker?
Bauer: Die Indigenen sind die, die es am härtesten trifft. Sie sind anfälliger für Infektionen. Durch das Eindringen der Goldschürfer und Holzfäller in ihr Gebiet erhöht sich die Gefahr. Dazu kommt die prekäre Grundversorgung und der schwierige Zugang zum öffentlichen Gesundheitswesen. Zusätzlich wohnen die Menschen oft in Gemeinschaftshäusern und es ist Teil ihrer Kultur Gegenstände zu tauschen und gemeinsam zu verwenden.

RB: Seit 2019 ist Jair Bolsonaro Brasiliens Staatspräsident. Was bedeutet seine Regierungszeit für die Indigenen?

Bauer: Seine Ankündigung während der Wahlkampagne, dass Indigene keinen Zentimeter Land bekommen werden, sobald er Präsident ist, setzt er kontinuierlich um. Es kommen immer wieder Hassparolen gegen Indigene und traditionelle Gemeinschaften. Das und die Unterstützung der Schürfer, Holzfäller und der Agrarwirtschaft, die immer mehr Land für sich beanspruchen, sind fatal. Die Zahlen der Landkonflikte zeigen, dass die Anzahl der Gewalttaten von 1.903 im Jahr 2019 auf 2.054 im Jahr 2020 gestiegen ist.

RB: Bei der UNO-Klimakonferenz in Glasgow war Brasilien aufgrund der Bedeutung Amazoniens für das Weltklima immer wieder Thema. Wird in Brasilien diese Bedeutung und Verantwortung des Landes für die Welt gesehen?

Bauer: Den indigenen Völkern und traditionellen Gemeinschaften haben wir es zu verdanken dass es in Brasilien noch Wälder gibt. In diesem Sinn war kürzlich die große Beteiligung der brasilianischen Zivilgesellschaft an Protesten gegen den „marco temporal“ (damit will die Regierung den Zugriff auf indigenes Land ermöglichen) ein großer Erfolg. Während zwei Wochen war das Thema mit klaren Forderungen an Wirtschaft und Regierung auf den Straßen und in den sozialen Medien präsent. Trotzdem scheint es weiterhin so, dass zwei Welten aufeinander treffen. Selbst die dramatischen Prognosen und Auswirkungen auf das Klima, die bereits spürbar sind, brachten bisher keine Annäherung.

Ja, es wurden Verpflichtungen zur Bekämpfung des Klimawandels angekündigt. Doch es ist zu bezweifeln, dass sie ausreichend sind. Es bräuchte ein Umschwenken der Wirtschaft und ihres Kurses für „Entwicklung und Fortschritt“. Ansonsten gelingt es nicht, den Anstieg von Temperaturen, Konflikten, Katastrophen und Umweltkriminalität zu senken. Es deutet leider einiges daraufhin, dass der brasilianische Nordosten, der Mittlere Westen und die Amazonasregion in den kommenden Jahrzehnten noch trockener und heißer werden. Dem entgegenwirken könnte nur, die CO2-Emissionen im laufenden Jahrzehnt auf null zu senken.

RB: Sei So Frei und die Dreikönigsaktion der Jungschar haben eine Unterschriftenaktion zum Schutz des Regenwaldes gestartet (www.amazonien-retten.at). Helfen solche Aktionen?
Bauer: Die internationale Unterstützung ist sehr wichtig. Oft werden die Dinge im eigenen Land totgeschwiegen oder in den Medien manipuliert dargestellt. Genauso wichtig ist es allerdings auch, sich gemeinsam im Dialog für nachhaltige Veränderungen einzusetzen, die das Leben aller verbessern. Wir alle müssen unseren Konsum, unsern Lebensstil hinterfragen. Weniger kann in diesem Zusammenhang durchaus mehr bedeuten: mehr Gerechtigkeit, mehr Lebensqualität für alle und vor allem für unsere nachfolgenden Generationen.

RB: Welche Szenarien drohen den Indigenen? Welche Forderungen stellen die indigenen Völker selbst?
Bauer: Auch wenn es uns gelingt die Rodungen im Regenwald zu stoppen, trifft es die indigenen Völker bereits hart. Der Klimawandel, die unerwarteten trockenen Perioden und die darauf folgenden Überschwemmungen tragen zur Nahrungsmittelknappheit bei. Die Indigenen fordern ein Mitsprache- und Entscheidungsrecht, denn niemand kennt den Regenwald so gut wie sie. Sie fordern ihre Rechte wie die Abgrenzung ihrer Gebiete. Doch in Brasilien passiert gerade das Gegenteil. Durch das ständige Eindringen der Goldschürfer in ihren Lebensraum kommt es zur Verseuchung von Flüssen und Quellen durch Pestizide und Quecksilber. Und mit der grassierenden Abholzung des Amazonaswaldes ist ihre Existenz bedroht. Falsche Lösungen können zu keinen positiven Ergebnissen führen.

RB: Was meinen Sie konkret?
Bauer: Laut Angaben von Imazon (einem Institut, das sich dem Schutz des Amazonasregenwaldes verschrieben hat) wurden von Jänner bis Oktober 2021 bereits 9.742 km2 abgeholzt. Dies entspricht bereits um 33 Prozent mehr als im selben Zeitraum des letzten Jahres und bedeutet die größte Verwüs-tung der letzten zehn Jahre. Die Landräuber müssen keine Konsequenzen fürchten. Sie dringen weiter ein, holzen Wälder ab und bereichern sich illegal. Damit im Zusammenhang steht die steigende Nachfrage nach billigem Soja, Fleisch, Leder und Holz. (Anm.: auf den gerodeten Flächen entstehen Soja-Felder oder riesige Weideflächen).

Dort wo es noch Wald gibt, sind noch indigene Völker, Quilombolas (Nachfahren afrikanischer Sklaven) und traditionelle Gemeinschaften. Dort ist noch Leben. Doch sie bezahlen einen hohen Preis wie erst kürzlich dieser Vorfall zeigte: Im Gebiet Raposa da Serra do Sol in Roraima haben Indigene einen Wachposten errichtet, um ihr Gebiet vor Schürfern zu schützen. Bei der Räumung fielen Schüsse der Militärpolizei und es gab Verletzte. Das ist nur eines von vielen Beispielen der brutalen Gewalt des Staats gegenüber seiner eigenen Bevölkerung.

RB: Vertreter der katholischen Kirche wie Bischof Erwin Kräutler setzen sich seit langem für die Rechte der indigenen Völker und den Schutz Amazoniens ein.
Bauer: Dom Erwin und andere Vertreter der Kirche sind wichtige Vorreiter. Ohne Zweifel wäre die Situation in zahlreichen Fällen noch um einiges schlimmer, wenn es diese Unterstützung nicht gäbe. Den Menschen in ihrem Überlebenskampf solidarisch beiseite zu stehen gibt ihnen Mut und Kraft und hilft, die Dinge beim Namen zu nennen. Klar ist: Damit macht man sich aber nicht nur Freunde.

Adventsammlung Sei So Frei

„Stern der Hoffnung“ heißt die Adventsammlung von Sei So Frei, die heuer im Zeichen der Indigenen in Amazonien steht. Bis 2024 möchte die entwicklungspolitische Aktion in Brasilien eine Fläche von der Größe Österreichs schützen. Jeder Beitrag hilft dabei!

25 Euro ermöglichen Corona-Masken und Desinfektionsmittel für eine Delegation von 45 Indigenen.
103 Euro schützen einen Wald in der Größe der Stadt Salzburg.

Der Printbeilage des Rupertusblatts liegt ein Sei-So-Frei-Zahlschein bei oder spenden Sie unter www.seisofrei.at

Aus dem Hirtenwort

Foto: eds

Liebe Schwestern und Brüder!

„Alles ist miteinander verbunden.“ Papst Franziskus hat diese Formulierung in der Enzyklika Laudato Si geprägt. Was an den „Rändern der Welt“ passiert, bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die gesamte Menschheitsfamilie und unser gemeinsames Haus, die Erde. Deswegen können uns die ungeheuerlichen Berichte, die uns alljährlich über die so genannte grüne Lunge der Welt erreichen, nicht unberührt lassen. Das „geliebte Amazonien“, wie es der Papst nennt und dem er die Bischofssynode im Jahr 2020 gewidmet hat, wurde zu einer Region geraubter Gebiete, abgefackelt von der Gier nach Profit.

Sei So Frei, die entwicklungspolitische Organisation der Katholischen Männerbewegung stellt vor diesem Hintergrund die Unterstützung Amazoniens in den Mittelpunkt der diesjährigen Adventsammlung. Gemeinsam mit Cimi, dem Rat für die indigenen Völker der Brasilianischen Bischofskonferenz und Bischof em. Erwin Kräutler, der in Salzburg studiert hat und im Dom zu Salzburg zum Priester geweiht wurde, soll 46 indigenen Völkern in Brasilien das Recht auf ihr Land gesichert werden. Mit jedem zuerkannten Stück Land wird indigene Kultur und Tradition geschützt und Regenwald gerettet – ein wichtiger Beitrag, um den Klimawandel zu bremsen.

„Eine synodale Kirche geht gemeinsam.“ Unter diesem Leitwort sind Gläubige aller Welt in diesen Tagen Teil des Synodalen Prozesses, zu dem uns der Papst aufgerufen hat. Der Begriff „ Teilhabe“ ist dabei ein wichtiges Leitwort. Damit ist auch eine Verantwortung für das, was uns Gott anvertraut hat, gemeint: für unseren Glauben, unsere Nächsten, unsere Erde. Eine wichtige Möglichkeit, dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist die solidarische Unterstützung zwischen den Ortskirchen auf der ganzen Welt. In diesem Sinne lade ich Sie ein, die Adventsammlung mit Ihrer Spende zu unterstützen.

Es grüßt und segnet Sie
Erzbischof Franz Lackner

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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