Weihbischof Hansjörg Hofer
„Auferstehung in Coronazeiten“

„Heuer erleben wir ungewollt eine ganz andere Fastenzeit! Das Coronavirus hat mit seinen gravierenden Folgen das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt. Fasten hat eine neue Dimension bekommen. Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, auf viel Gewohntes und Liebgewonnenes verzichten“, so Weihbischof Hansjörg Hofer. Er sagt uns auch, worauf wir vertrauen dürfen.

Die Einschränkungen betreffen alle Bereiche, auch das kirchliche Leben. Und das ist schmerzlich. Ganz zu schweigen vom großen Leid der Kranken und Infizierten. So viele Tote, so viele trauernde Angehörige, so viele, die in Angst leben, deren Existenz bedroht ist, die finanziell und wirtschaftlich vor dem Aus stehen. So viel Unsicherheit, Schmerz und Ohnmacht!
Das ist der Karfreitag 2020! Kreuz, Sterben, Tod, Grab, Dunkelheit! „Ich bin so traurig“, hat mir jemand gestanden.

In einem Gebet heißt es: „Gott spricht zu uns auch durch Menschen, denen wir begegnen und durch Ereignisse, die uns widerfahren!“ Wenn das stimmt – und das kann ich im Blick auf mein Leben bezeugen –, dann müssen wir fragen: Was bedeutet denn dieses Ereignis der Pandemie mit allen Folgeerscheinungen, die uns widerfahren, unsicher machen und aus der Bahn werfen? Was steckt dahinter? Könnte das auch etwas mit Gott zu tun haben? Will er uns vielleicht damit etwas sagen? „Ist es eine Strafe Gottes“, bin ich gefragt worden?

Dieses Innehalten und Bedenken ist für mich Karsamstag! Der Karsamstag ist der Tag der Grabesruhe Jesu. Sein Leichnam wurde ins Grab gelegt. Seine Jünger waren völlig am Boden und konnten alles, was sie so schmerzlich erlebt hatten, nicht verstehen und einordnen.

Prioritäten neu setzen

Und so frage ich: „Was haben denn wir durch die bitteren Erfahrungen der letzten Wochen zu Grabe getragen bzw. zu Grabe tragen müssen? Ganz sicher unsere so stolze Lebenseinstellung, die mit den Worten charakterisiert werden kann: Immer größer, immer höher, schneller, weiter.“ Der Wahn, dass uns beinahe alles möglich sei. Die Vorstellung, es könnte immer so weitergehen. Der Irrglaube, uns wären keine Grenzen gesetzt! Von alldem und noch vielem anderen mussten wir uns verabschieden.
Der Karsamstag des Jahres 2020 lehrt uns also, dass unser Leben immer zerbrechlich, unsere Umwelt äußerst bedroht und dass es darum höchst an der Zeit ist, unseren Lebensstil zu überdenken und die Prioritäten neu zu setzen.

Diese Karsamstagserfahrungen haben inzwischen, Gott sei Dank, bei vielen einen Nachdenkprozess ausgelöst. Ist das nicht ein Hoffnungsschimmer? Es beginnt also mitten in der Not „etwas Neues“ zu wachsen! Ob dieses Licht am Horizont, das die Dunkelheit des Karfreitags und die Totenstille des Karsamstags durchbricht, nicht das Osterlicht der Auferstehung ist?
Als Strafe Gottes würde ich die Corona-Pandemie nicht bezeichnen, wohl aber als eine Zeit der Läuterung, vielleicht auch als einen Impuls gegen die Gottvergessenheit unserer Tage. Wenn Menschen, angeregt durch die Krise und Not dieser Zeit, ernsthaft beginnen, sich zu fragen, was nun wirklich zählt und wichtig ist im Leben und dabei auch Gott einbeziehen, dann geschieht Auferstehung! Denn eines lehrt uns die Erfahrung: Gott verschont uns nicht vor den Stürmen des Lebens, aber wir dürfen darauf vertrauen, dass ER uns in den Stürmen des Lebens nicht allein und nicht fallen lässt! Auch das ist eine Ostererfahrung!
Zugegeben, der Preis für diese Ostererfahrung mit so vielen Kranken, Toten und so viel Leid und Angst ist groß, übergroß, zu groß! Bleibt nur zu hoffen, dass viele ernsthaft versuchen, als geläuterte Kreaturen und als österliche Menschen zu leben, die darauf vertrauen, dass das Leben stärker ist als der Tod und dass der Auferstandene auch heute da ist und mitgeht, auch wenn wir es oft nicht vermuten!

Zuversichtlich stimmt mich auch ein Artikel des Trend- und Zukunftsforschers Matthias Horx, der im Nachhinein auf unsere jetzige Krise zurückblickt und dann feststellt: „Wir werden uns wundern …!“ Wir werden uns wundern, wieviel Positives diese Zeit der Not bewirkt hat! Eine „neue Welt“ fügt sich zusammen mit einer neuen Achtsamkeit füreinander, mit einem neuen Sinn für Menschlichkeit, mit einer neuen Sensibilität für das wirklich Tragende. „Könnte es sein, dass das Virus unser Leben in eine Richtung geändert hat, in die es sich sowieso verändern wollte?“, fragt Matthias Horx.
Ostern gibt es also auch in Zeiten der Coronakrise. Nicht, weil auch diese Zeit vorbeigeht, sondern weil der Auferstandene das letzte Wort hat. Und das heißt: Leben

Autor:

Ingrid Burgstaller aus Salzburg & Tiroler Teil | RUPERTUSBLATT

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