Schatzkammer in der Basilika Maria Taferl
"Tresor des Glaubens"

Pfarrkirchenrat Christian Schüller zeigt einige Votivgaben.
 | Foto: Wolfgang Zarl
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Dieses Geschenk hat die Gottesmutter von Maria Taferl vielleicht besonders gefreut: Ein Kind brachte einen Teddybären als Dank, dass seine Mama wieder von einer Krankheit geheilt worden war. Rührend ist auch die Beschreibung zu ausgestellten Pantoffeln: „Liebe Mutter Gottes, ich kann dir sonst nichts schenken, aber ich habe sie mit Liebe letzte Nacht genäht. Danke für deinen Trost und deine Hilfe in meinem Leid.“ Tausende sogenannte Votivgaben wurden in den vergangenen Jahrhunderten seit dem Jahr 1660 der Basilika anvertraut, sehr oft von Wallfahrern, die für Heilungen dankten.

„gebaut, geschätzt, geliebt“

Die Schatzkammer ist ein im Barockstil gestalteter Raum mit Fresken, die die Entstehung von Maria Taferl zeigen und an den Wänden Heilungen und Rettungen darstellen. Sie befindet sich hinter dem Hochaltar über der Sakristei. Seit 22. Mai sind die Räumlichkeiten wieder öffentlich zugänglich: täglich von 10.30 Uhr bis 16.30 Uhr, außer freitags. Auch die Sonderausstellung „gebaut, geschätzt, geliebt“ ist jetzt wieder zu sehen, die zum 360-Jahr-Jubiläum 2020 konzipiert wurde. Am 1. Juni berichtet auch die ORF-Sendung „kreuz und quer“ zum Thema „Wahre Wunder“ über die Schatzkammer von Maria Taferl.

„Hinter jedem geschenkten Stück steht ein höchstpersönliches Anliegen oder Motiv. Nicht die materielle, künstlerische oder historische Qualität der ausgestellten Gaben bestimmt ihren Wert, sondern die hinter ihnen stehenden Intentionen“, erklärt Christian Schüller, der sich mit großem Einsatz, ehrenamtlich und mit viel Liebe zum Detail um die Schatzkammer im größten Wallfahrtsort der Diözese St. Pölten kümmert. Jedes einzelne Stück hat der Kaffeehausbesitzer bereits in Händen gehalten. Die Schatzkammer, die von bis zu 10.000 Interessierten jährlich besucht wird, sei nicht nur ein Ort zur Aufbewahrung von Kostbarkeiten, sondern auch ein „Tresor des Glaubens“. In den Votivgaben komme die erwiesene Hilfe zum Ausdruck, häufig ergänzt durch kurze Texte und die Jahreszahl, wodurch die Lebensgeschichten der Wallfahrer wieder lebendig werden, so Schüller. Viele Menschen seien heute berührt, dass so viele Wunder der Muttergottes zugeschrieben werden. Das hat sich weit herumgesprochen, die Votivgaben kommen nicht nur aus dem Diözesangebiet, sondern aus allen Teilen der Welt.

Gaben für die Muttergottes

„All die tausenden Objekte wurden seit dem Jahr 1665 gebracht. Wir können und wollen diese nicht verkaufen, weil sie der Muttergottes geschenkt sind – es sei denn, der Spender gibt es ausdrücklich zum Verkauf frei“, so Schüller, der in seiner Pfarre auch als Pfarrkirchenrat und Pfarrgemeinderat wirkt. Mit den in vieler Hinsicht wertvollen Ausstellungsstücken soll keinesfalls der Anschein erweckt werden, irdische Reichtümer anzuhäufen: „Vielmehr soll durch das Aufbewahren und Aufstellen das Maß an tiefgläubiger Verehrung und Hingabe an die Gottesmutter bewusst gemacht werden.“

Dass es neben dem Teddybären wertvollere Gegenstände gibt, wusste wohl auch ein Einbrecher, der kürzlich trotz Sicherheitsvorkehrungen in die Schatzkammer eingedrungen war. Freilich waren die teuersten Geschenke bereits früher gestohlen worden, verweist Schüller auf einen Einbruch im Jahr 1833, der bis heute Rätsel aufgibt.

Gabe von Benedikt XVI.

Besonders beliebte Votivgaben sind Medaillons, Rosenkränze, Bilder, Kerzen, liturgische Geräte sowie persönliche Briefe. Ein Rosenkranz stammt z. B. von einem Soldaten, der im Ers­ten Weltkrieg diente. Die Perlen sind aus Munitionskugeln. Ein anderer Rosenkranz wurde aus Meerschaum hergestellt und wird schon in einer Inventarliste aus dem Jahr 1791 erwähnt. Selbst der emeritierte Papst Benedikt XVI. stiftete der Basilika eine Gabe, nämlich einen Pileolus (weiße Kopfbedeckung von Päpsten). In einem Begleitschreiben würdigte Benedikt Maria Taferl als „Leuchtturm Gottes“. Die Originalopfertruhe, in der die Gaben früher aufbewahrt wurden, gehört ebenfalls zur Schau.

Die Schatzkammer zeigt viele, aber aus Platzgründen nicht alle Votivgaben aus dem Volk sowie Schenkungen durch das Habsburger Kaiserhaus, das zu Maria Taferl eine innige Beziehung pflegte. Zu den Highlights der Ausstellung zählen u. a. ein Mess­kelch von Kaiser Joseph I. und eine Monstranz, die Kaiser Leopold I. bei seinem Maria Taferl-Besuch am 29. September 1693 übergab. Die 70 Zentimeter hohe Mon­s­tranz ist vergoldet und mit Edelsteinen sowie biblischen Emailbildern verziert.

Eine besondere Ehre wurde dem kürzlich aus dem Amt geschiedenen Generalvikar Eduard Gruber bei der 350-Jahr-Feier der Basilika zuteil: Er trug jenes historische Messgewand, das laut Überlieferung schon bei der ersten Messe am 19. März 1660 getragen wurde. An diesem Tag fanden acht Messen für über 1.000 Wallfahrer statt. Seitdem ist der Strom der Pilger nie abgerissen. Zeitweise waren 25 Priester angestellt, um die Gläubigen seelsorglich zu betreuen. Bei großen Wallfahrten auf den Taferlberg, etwa der Pfarren Arbesbach, Euratsfeld, Groß Gerungs oder Neustadtl, wird eine Pieta-Darstellung (Maria mit dem Leichnam Jesu) mitgetragen, die sonst in der Schatzkammer ausgestellt ist. Bedeutungsvoll ist auch ein Pluviale. Dieser Vespermantel enthält Silberstickereien aus dem Brautkleid von Kaiserin Elisabeth (Sissi). Wie diese Brautkleidteile nach Maria Taferl kamen, ist nicht überliefert.

Ältestes Smiley entdeckt?

Manchmal ergeben die Recherchen zur Basilika auch Anlass zum Schmunzeln: Die vielleicht ersten Smileys der Welt wurden dort von Christian Schüller in einem Buch entdeckt. Hineingezeichnet sind diese lachenden Gesichter, die heute bei der Nutzung von Sozialen Medien allgegenwärtig sind, in die Nullen von 65.000. So viele Hostien wurden 1700 in Maria Taferl ausgeteilt.

Die Schatzkammer bietet eine Entdeckungsreise, die das tiefe Vertrauen in die Gottesmutter und in Gott in unserer Region über die Jahrhunderte hinweg zeigt.

„Herz der Diözese“

Weltweit tragen 1639 Kirchen den Ehrentitel „Basilica minor“ („kleinere Basilika“), den die Päpste bedeutenden Kirchen verleihen. Der Titel hebt die Bedeutung für das Umland hervor. Insbesondere werden wichtige Wallfahrtskirchen mit der Bezeichnung „Basilica minor“ gewürdigt. Papst Pius XII. erhob 1947 Maria Taferl in diesen Rang. Altbischof Klaus Küng bezeichnete diese Kirche einmal „zusammen mit dem Dom in St. Pölten und der Basilika am Sonntagberg so etwas wie das Herz der Diözese St. Pölten“. Der Taferlberg, der 233 Meter über der Donau liegt, ist für viele Menschen von Bedeutung: als Ort der Firmung, Taufe oder Hochzeit sowie als Wallfahrtsziel. Eine Zahl dazu: Es sollen im Jahr 1760 beim 100-Jahr-Jubiläum 700 Prozessionen gewesen und über 19.000 Messen gelesen worden sein. Dabei wurde mit 326.000 die höchste Zahl an Kommunionen erreicht. Über das Ausmaß und die Herkunft der Wallfahrer gibt die in der Basilika befindliche Schatzkammer Auskunft. Darin werden Präsente von Wallfahrern, die aufgrund von Krankheiten und angenommener oder tatsächlicher Heilung gemacht wurden, ausgestellt.

Eng verbunden mit der Entstehung der Wallfahrt sind die Namen des Viehhirten Thomas Pachmann und des Ortsvorstehers und Richters Alexander Schinagl, beide aus Kleinkrummnußbaum. Pachmann befand sich am 14. Jänner 1633 auf der Suche nach Brennholz auf dem Taferlberg, als er die dürre Eiche erblickte. Da er das Kreuz auf der anderen Seite nicht bemerkte, hob er die Axt an, um den Baum zu fällen. Sie glitt ihm zweimal ab, ohne Schaden am Stamm der Eiche anzurichten, und verwundete Pachmann an beiden Beinen. Als er sich daraufhin am Fuß des Baumes niederließ, sah er das Kreuz, erkannte seinen Frevel und bat Gott um Verzeihung. Sogleich hörten seine Wunden auf zu bluten und er konnte nach Hause gehen. Die Kunde von seiner wunderbaren Heilung ließ immer mehr Gläubige „zum Taferl“ strömen. Einer von ihnen war Alexander Schinagl, der von Depressionen gequält wurde. Eines Nachts im Jahre 1642 befahl ihm eine Stimme, das Vesperbild, welches er auf seinem Hausaltar aufbewahrte, zur Eiche auf den Taferlberg zu bringen und das morsche Kreuz zu ersetzen. Nachdem er dies getan hatte, besserte sich sein Gesundheitszustand und seine Beschwerden verschwanden.

Nach Prüfung von wunderähnlichen Vorkommnissen und der Einvernahme vieler Zeugen durch die zuständige Passauer Behörde wurde die Erlaubnis zur Errichtung einer Wallfahrtskirche um den Eichenbaum erteilt und am 19. März 1660, dem Fest des heiligen Josef, wurde der erste Gottesdienst dort ge­feiert. 1660 erfolgte die Grundsteinlegung der Basilika, 1710 wurde der Kirchenbau fertiggestellt und 1724 eingeweiht.

Autor:

Wolfgang Zarl aus Niederösterreich | Kirche bunt

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