Glauben verstehen - von Dr. Piotr Kubasiak
Warum Kirchenväter lesen?

Dr. Piotr Kubasiak
 | Foto: Johannes Thonhauser

Der christliche Glaube zeichnet sich u. a. dadurch aus, dass er sehr alt ist: Seit 2000 Jahren wird er geglaubt, gelebt, liturgisch gefeiert und weitergegeben. Generation für Generation wird der Weg mit und zu Gott gewagt, begleitet von Vertrauen, Nachdenken, und von einer Liebe, die zum Tun führt. Die Zeugnisse dieses Glaubens und des Nachdenkens über ihn findet man u. a. in der Bibel oder in der kirchlichen Tradition. Ein besonderer Ort dieses Zeugnisses sind die sogenannten Kirchenväter.

Kirchenväter sind christliche Autoren, die in den ersten acht Jahrhunderten der Kirchengeschichte lebten und versucht haben, die Bibel auszulegen, Formen des christlichen Betens zu etablieren und darüber nachzudenken, wer/wie Gott ist und was das für die Menschen bedeutet. So legten sie Fundamente der christlichen Theologie, also des Versuchs, Gott immer besser zu (er)kennen und mit ihm zu leben.

Bekenntnis zur rationalen Verantwortung des Glaubens

Wozu sich aber mit den alten Autoren beschäftigen? Nach J. Ratzinger gehe es dabei nicht um die „Erforschung des Gewesenen“, sondern um die Lektüre der Texte, die eine grundlegende Bedeutung haben: In dieser Zeit wurden der biblische Kanon und die Glaubensbekenntnisse festgelegt, die Grundformen des christlichen Gottesdienstes sind entstanden und die Christen haben sich zur Theologie bekannt, das heißt „zur rationalen Verantwortung des Glaubens“. H. U. von Balthasar sagt über diese Epoche: „Größe, Tiefe, Kühnheit, Wendigkeit, Sicherheit und eine flammende Liebe, alle Tugenden der Jugend, sind der patristischen Theologie eigen.“

Was heißt das für heute? Der französische Theologe A. Boneît hält 1961 fest: „Der Patristiker ist
sicher der Mann [und 2020 auch die Frau!], der die ersten Jahrhunderte der Kirche studiert, aber er sollte außerdem der Mann sein, der die Zukunft der Kirche vorbe­reitet.“ Die Zukunft wird dadurch vorbereitet, dass man die Einheit von Glauben und Leben, von Beten und Denken, vom Finden und wieder Suchen entdeckt. Mit Ratzinger gesprochen: „Nur in der Geschichte des Glaubens ist der Glaube selbst sinnvoll zu erfassen, nicht in einer abgeschlossenen Sys­temgestalt, die das geschichtliche Wesen ihrer eigenen Aussagen verdecken müsste.“
Eine Reise in die Zeit der Kirchenväter ist heutzutage gar nicht schwer: Viele Übersetzungen sind leicht zugänglich. Auch online unter https://bkv.unifr.ch/ findet man viele Texte dieser Autoren: Ein Brief des Ignatius von Antiochien, eine Predigt (Sermo) des heiligen Augus­tinus oder ein Kapitel aus der „Didache – Lehre der zwölf Apostel“ können ein guter Anfang sein.

Autor:

Kirche bunt Redaktion aus Niederösterreich | Kirche bunt

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